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Es hat in Deutschland immer schon Kinderwunschpatientinnen gegeben, die sich gezielt für eine anonyme Samenspende aus dem Ausland entschieden haben. Doch indem sie sich für eine anonyme Spende entscheiden, bleibt dem Kind zeitlebens die Möglichkeit verschlossen, mehr über die Person zu erfahren, von der es abstammt. Manche Kinder haben später große Probleme damit, dass ihnen Informationen über den Spender und ggfs. Kontakt zu ihm durch Dritte verenthalten werden.

DI-Netz hat gerade neue Poster und Postkarten entworfen, mit denen wir uns gegen diese Spenderanonymität aussprechen. Das Problem der Anonymität, das heißt das Problem der Nicht-Identifizierbarkeit des Spenders gegenüber dem Kind, ist mit dem neuen deutschen Samenspenderregistergesetz keineswegs obsolet geworden. Auch nach Inkrafttreten des Gesetzes (1.7.2018) kann nicht ausgeschlossen werden, dass Frauen das deutsche Gesetz umgehen, indem sie sich im Ausland mit einer anonymen Samenspende behandeln lassen oder anonyme Samenproben für eine „home insemination“ direkt nach Hause bestellen. Dadurch würde keine Registrierung im deutschen Samenspenderregister erfolgen.

DI-Netz rät ausdrücklich davon ab! Und wir möchten diese Haltung gegenüber Kinderwunschpatient_innen und auch gegenüber den entsprechenden ausländischen Firmen deutlich machen.

Wir diskutieren gerne darüber, zum Beispiel auf den Kinderwunsch-Tagen in Berlin und Köln.

Plakate und Postkarten können gegen Selbstkostenpreis und Porto unter info@di-netz.de bestellt werden.

BMJV: Arbeitskreis „Abstammungsrecht“ legt Abschlussbericht vor

Im Februar 2015 hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz einen Arbeitskreis „Abstammungsrecht“ eingerichtet. Elf namhafte Sachverständige aus den Bereichen Recht, Ethik und Psychologie [1] sollten gemeinsam klären, inwiefern das derzeitige deutsche Abstammungsrecht angesichts der Vielfalt von Familienkonstellationen und der Entwicklungen in der modernen Reproduktionsmedizin reformbedürftig ist.

Der Arbeitskreis tagte in zehn Sitzungen, an denen auch Vertreter aus mehreren Bundes- und Landesministerien teilnahmen;  Experten aus Betroffenenverbänden wurden nicht beteiligt. Am 4. Juli 2017 hat der Arbeitskreis nun seinen 134 Seiten starken Abschlussbericht  „Abstammungsrecht“ offiziell an den Bundesjustizminister übergeben.

Wie zu erwarten war, stellt das Expertengremium vielfachen Reformbedarf für das geltende Abstammungsrecht fest. Es wurden insgesamt 91 Thesen zur Modernisierung des Abstammungsrechts vorgelegt.

Familienrechtlicher Regelungsbedarf im Bereich Samenspende

Besonders interessant sind für Familien, die mit Hilfe einer Samenspende gegründet werden, die Änderungsempfehlungen in den Berichtsabschnitten B.II bis III, sowie E, F.I und teilweise F.II. Diese machen zusammen beinahe die Hälfte der gesamten Reformvorschläge aus.

  • Grundgedanke

Die Reformvorschläge des Arbeitskreises sind von der Grundidee getragen, eine rechtliche Gleichsetzung von „Wunschelternschaft“ mit „natürlicher Elternschaft“ zu erreichen. Neben der Mutter wird die zweite Elternstellung mit der Person besetzt, die mit der Partnerin in die Samenspende eingewilligt hat. Die Erklärung, die Elternschaft zu übernehmen, tritt rechtlich an die Stelle des natürlichen Zeugungsaktes. Intendierte und faktische Verantwortungsübernahme werden damit betont.

  • Sprachregelungen

Die Experten plädieren für eine präzisere Sprache. Vor allem der mißverständliche Begriff „Abstammung“ sollte abgschafft werden und durch die genauere Bezeichnung „rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung“ ersetzt werden. Diese etwas sperrige Bezeichnung macht deutlich, dass es bei der rechtlichen Bestimmung von Eltern-Kindschaftsverhältnissen eben nicht automatisch nur auf die genetische Abstammung ankommt, sondern auch andere Leitprinzipien (intendierte und tatsächliche Verantwortungsübernahme, Verursacherprinzip) als Zuordnungskritierien Gewicht haben (S. 21-30).

Auch findet sich am Schluss des Berichtes ein Glossar, das circa zwanzig Begriffe klärt (S. 103-106). So werden statt (ab-)wertender Begriffe wie  „Wunscheltern“ oder „Bestelleltern“ neutralere Termini wie „intendierte Eltern“ genutzt. Verschiedene Aspekte von Elternschaft werden explizit durch unterschiedliche Adjektive gekennzeichnet.

  • Einführung der Mit-Mutterschaft

Im Sinne der Gleichstellung plädiert die Expertenkommission dafür, Co-Mütter in einer lesbischen Partnerschaft von vornherein als zweiten Elternteil („Mit-Mutter“ ) anzuerkennen, so wie auch weiterhin ein Ehemann als „richtiger“ Vater eines mit Samenspende gezeugten Kindes gelten soll (Thesen 50-52).

Das Zwei-Eltern-Prinzip soll allerdings weiterhin Leitprinzip sein (Thesen 62-63, S. 75-76). Eine rechtliche Mehr-Eltern-Konstellation („multiple Elternschaft“ – etwa mit bis zu vier Elternteilen, wie dies juristisch möglich ist in den Niederlanden oder British Columbia (Kanada) –  soll es nicht geben.

  • Samenspende im privaten System

Samenspende im privaten System (sog. „Bechermethode“, durch Spender aus dem Bekanntenkreis, aus Internetforen, von ausländischen Samenbanken privat bezogen) sollte der Samenspende im medizinischen System hinsichtlich der Elternstellung gleichgestellt werden, sobald ein ausdrücklicher Verzicht des Spenders auf die rechtliche Vaterposition und eine Einwilligung der intendierten Eltern vorliegt. (These 48).

Ungeklärt bleibt allerdings, ob eine private Insemination mit Spendersamen überhaupt mit dem Medizin- und Geweberecht vereinbar ist (S.65)

  • Das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung und Einrichtung eines Spenderregisters

Die kurz gehaltenen Berichtsabschnitte zum Auskunftsrecht der Kinder und zum Spenderregister (Thesen 64-74) decken sich ziemlich mit den Regelungen, die im Zuge der Gesetzgebung des Samenspenderregistergesetzes (SaRegG) gerade erst verabschiedet wurden. Der Ausschluss des Samenspenders als rechtlicher Vater und die Einrichtung eines zentralen Samenspenderregister sind mit dem neuen Gesetz bereits beschlossen.

Die Empfehlungen der Expertenkommission gehen über das SaRegG hinaus, indem das Spenderregister auch für Bekannte Spender im medizinischen System (These 48.3) und für die Embryonenspende (These 74) geöffnet werden soll.

Als weitere Maßnahmen, die beim SaRegG (noch) nicht umgesetzt wurden, werden genannt:

– In Altfällen, in Fällen privater Samenspende und  bei Samenspenden aus dem Ausland sollte eine freiwillige Registrierung im zentralen Register möglich gemacht werden (These 65, S. 79-80).

– Der Samenspender sollte zwar keinen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Identität der Kinder haben, aber er sollte erfahren dürfen, wie viele Kinder aus seiner Spende hervorgegangen sind (Thesen 72-73, S. 81).

– Außerdem sollte das Auskunftsverfahren durch dezentrale Beratungsangebote begleitet werden, die von unterschiedlichen vorhandenen Beratungsstellen bereitgestellt werden sollten (These 71, S. 81).

– Dem Kind sollte der Anspruch einer statusunabhängen Feststellung der genetischen Vaterschaft des Samenspenders eingeräumt werden, da es theoretisch immer möglich sein kann, dass es doch nicht von dem registrierten Samenspender abstammt. Für diese Klärung ist der Vortrag eines Anfangsverdachtes notwendig. (Thesen 84 – 85, S. 86)

  • Eingeschränktes Anfechtungsrecht des Kindes

Das Kind soll die rechtliche Vaterschaft wegen nicht bestehender genetischer Abstammung weiterhin anfechten können (These 45). Dies allerdings nur unter bestimmten Bedingungen: wenn a) der Vater gestorben ist, b) der Vater eine schwere Verfehlung gegenüber dem Kind begangen hat, c) wenn der Vater einverstanden ist oder d) keine gefestigte sozial-familiäre Beziehung entstanden ist.

Hierzu gab es im Arbeitskreis allerdings einige Gegenstimmen, die das Anfechtungsrecht lieber gänzlich abgeschafft oder anders ausgestaltet sähen.

Aussicht

In den politischen Diskussionen der letzten Monate wurde immer wieder auf die Ergebnisse  des Arbeitskreises im Sommer 2017 verwiesen, die man noch abwarten wolle. Der Abschlussbericht wurde „in der Fachwelt und in der Öffentlichkeit mit großer Spannung erwartet“, so Justizminister Maas. ( – Die allererste Medienresonanz auf den Bericht fiel allerdings noch eher schwach aus.)

Maas (SPD) lobte den Bericht des Arbeitskreises als eine „großartige Orientierungs- und Entscheidungshilfe“. Die familienpolitische Sprecherin Brantner von den GRÜNEN kommentierte den Bericht gegenüber N24,  die SPD werde „auf den letzten Metern in der Familienpolitik modern“, die Mit-Mutterschaft sei überfällig.

DI-Netz befürwortet die Empfehlungen der Experten – die rechtliche Bewertung der Samenspende, die Rollen der Beteiligten und die Ansprüche an ein Spenderregister sowie die konkreten Regelungsvorschläge entsprechen ganz unseren Forderungen. Das Ergebnis des Arbeitskreises ist ein tatkräftiger und gelungener Ordnungsentwurf für das deutsche Familienrecht. Wenn alle Vorschläge der Expertenkommission tatsächlich umgesetzt würden, wäre das für Deutschland ein beträchtlicher Fortschritt – vielleicht weniger eine „moderate Fortentwicklung“ (S.14) als doch eine „Revolution“, wie die Süddeutsche Zeitung titelte.

Seit der Veröffentlichung des Berichtes gab es allerdings auch schon einige kritische Stimmen:

Die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU Winkelmeier-Becker bezeichnete die Umbenennung des Abstammungsbegriffes in „rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung“ als „grotesk“ und nicht nah genug an der Alltagssprache. Sie betonte, dass für sie weiterhin „das christliche Menschenbild der entscheidende Maßstab“ sei. Bei der „sogenannten Mit-Mutterschaft“ sei die Union „sehr zurückhaltend“. Winkelmeier-Becker räumte ein, „wenn bestehende Auskunftsmöglichkeiten [des Spenderregisters] ausgeweitet werden können“, sei man „dafür offen“.

Der Lesben-und Schwulenverband LSVD begrüßte zwar, dass jetzt konkrete Reformvorschläge vorliegen, ihm gehen sie allerdings „nicht weit genug“, sie seien auch zu „vage“. Der LSVD fordert weiterhin ein Rechtsinstitut der Elternschaftsvereinbarung, die bereits vor der Zeugung getroffen wird, sowie einen verbindlichen rechtlichen Rahmen für Mehrelternfamilien von bis zu vier Elternpersonen. Mit ähnlichen Positionen äußerten sich Katja Suding und Michael Kauch von der FDP.

Wolfgang Janisch, Journalist der „Süddeutschen Zeitung“ bezeichnete die Reformvorschläge hinsichtlich der Elternverantwortung als „grundvernünftig“, zugleich seien sie „ärgerlich“, da sie „ins Nirwana der endenden Legilaturperiode geschickt“ würden. Eine Expertise, die die Debatte voranbringt, hätte einen umfassenderen Auftrag benötigt, um entschlossener auch die brisanteren Fragen von Eizellspende und Leihmutterschaft anzugehen, so Janisch.

Am Ende ist in der Tat nicht klar, was aus den Empfehlungen des Arbeitskreises eigentlich werden wird. Die jetzige Legislaturperiode ist bald vorbei, und es ist offen, wie sehr sich der zukünftige Gesetzgeber eine konsequente Umsetzung dieser Expertise zur Aufgabe machen wird.

 

[1] Dr M.-M. Hahne, Prof. Dr. Dr. D. Coester-Waltjen, Prof. Dr. R. Ernst, Prof. Dr. T. Helms, Prof. Dr. M. Jestaedt, Dr. H. Kindler, Dr. T. Meysen, Prof. Dr. U. Sachsofsky, Prof. Dr. E. Schumann, W. Schwackenberg, Prof. Dr. C. Woopen

Gesundheitsausschuss: doch 110 Jahre für Altfälle vor 2008! (Gesetzgebung, Teil 17)

Heute, am 17.5.,  legte der Gesundheitsausschuss des Bundestages seine Beschlussempfehlung für das neue Samenspenderregistergesetz vor. Gute Nachricht: Es wird eine Änderung der Formulierung in der Übergangsregelung vorgeschlagen. Auch die Altdaten aus der Zeit vor Inkraftreten des TPGs (5.4.2008) sollen nun 110 Jahre aufbewahrt werden – wenn auch nicht im zentralen Samenspenderregister so doch wenigstens beim Arzt bzw. der Samenbank.

Für eine Abicherung der sogennanten Altfälle hatte sich DI-Netz in den letzten Monaten besonders stark gemacht (wie sich in unserer Nachrichtenreihe zur „Gesetzgebung“ unter „Aktuelles“ rechts auf dieser Webseite zurückverfolgen läßt).  Gerade gestern schickten wir den Abgeordneten noch ein weiteres Mal unsere Forderung hinsichtlich der Altfälle. Wir freuen uns sehr, dass unser Anliegen Gehör gefunden hat.

Noch ein weiterer Änderungsvorschlag des Gesundheitsausschuss ist übrigens, dass Spenderdaten nach Auskunftserteilung doch nicht gelöscht werden.

Morgen, am 18.5. (19.5. 4:45 – 5:15 Uhr) sind die zweite und dritte Lesung im Bundestagsplenum, also die letzten beiden Beratungen, in der 234. Sitzung des Bundestages. Dann erfolgt die Abstimmung über das Gesetz.

Ebenfalls wird im Bundestag noch über den alternativen Gesetzesantrag der GRÜNEN entschieden.

 

Gemeinsame Pressemitteilung von DI-Netz und BKiD: Neues Spenderregister – ohne Lösung für Altfälle und ohne Mediationsangebot? (Gesetzgebung, Teil 16)

Gemeinsame Pressemittelung von DI-Netz und BKiD zum geplanten Samenspenderregistergesetz:

Der Gesetzgeber wird in Kürze ein neues Samenspenderregister einführen, bei dem Kinder, die mit Hilfe einer Samenspende gezeugt wurden, auf Wunsch die Identität des Samenspenders erfahren können.

Die Deutsche Vereinigung von Familien nach Samenspende DI-Netz und die Deutsche Gesellschaft für Kinderwunschberatung BKiD begrüßen ausdrücklich, dass das Recht auf Kenntnis der Abstammung endlich auch für diese Gruppe von Menschen abgesichert wird. Dies ist nach über 40 Jahren Praxis der Samenspende mehr als überfällig.

Als Zusammenschluss von Familien nach Samenspende und als Fachorganisation für die psychosoziale Kinderwunschberatung haben wir, basierend auf unseren langjährigen Erfahrungen, wiederholt auf verschiedene Aspekte hingewiesen, die im Rahmen dieser Gesetzeseinführung berücksichtigt werden müssen, damit die Bedürfnisse aller Beteiligten bestmöglich berücksichtigt werden.

Zwei wesentliche Punkte sind beim jetzigen Stand des Gesetzesentwurfes noch absolut unzureichend gelöst und bedürfen aus unserer Sicht einer dringenden Korrektur:

  1. Kenntnisrecht für alle so gezeugten Kinder!

Die zentrale Dokumentation im Samenspenderregister soll nach dem jetzigen Gesetzesentwurf nur für diejenigen Kinder gelten, die ab Inkrafttreten des Gesetzes – Ende 2018 – gezeugt werden.

Daten aus der Zeit zwischen den Jahren 2007 und 2018 werden bereits durch das Transplantationsgesetz erfasst, und sie sind wenigstens in den Samenbanken mehrere Jahrzehnte aufzubewahren. Die Dokumentationspflicht der Samenbanken wird durch das neue Gesetz sogar noch verlängert. Doch den Kindern, die vor dem 1.8.2007 gezeugt wurden, hilft das überhaupt nicht. Denn auf sie trifft weder das Transplantationsgesetz noch die vorgesehene Übergangsregelung des neuen Gesetzes zu. Sie sind allerdings der Großteil der Menschen, die bisher auf diesem Wege in Deutschland gezeugt wurden. Geschätzt sind dies etwa 100.000 Personen.

Den Samenbanken liegen aber durchaus noch Dokumente von älteren Behandlungen vor und der Gesetzgeber müsste nun dringend etwas für den Datenerhalt tun, um eine unwiederbringliche Datenvernichtung zu stoppen!

Die Überführung aller vorhandenen Altdaten in das zentrale Register wäre ganz im Sinne aller Beteiligten! Ein Kompromiss könnte sein, wenn Samenbanken explizit verpflichtet würden, die noch vorhandenen Altdaten aus der Zeit vor 2007 in ihren eigenen Einrichtungen ebenfalls dauerhaft aufzubewahren.

2. Beratung und Mediation nötig!

Die zentrale Datenregistrierung muss ergänzt werden durch das Angebot einer psychosozialen Vor- und Nachbereitung.

Vor allem braucht es eine Mediation bei der Kontaktaufnahme von den Personen, die mit Hilfe einer Samenspende gezeugt wurden, und den Samenspendern, die die Anfrage möglicherweise Jahrzehnte nach ihrer Spende unvermittelt erreicht. Eine reine Datenverwaltung bei der Behörde des DIMDI und die bloße Aushändigung von Namen und Adressen werden einer potenziell emotionsgeladenen zwischenmenschlichen Dynamik nicht gerecht.

Es ist sinnvoll, solche Kontakte sowohl mit den so gezeugten Menschen und ihrer Familie als auch den ehemaligen Spendern und deren Familie vorzubereiten und zu begleiten. Hierfür bedarf es einer psychosozialen Versorgungsstruktur, die eng mit der zentralen Dokumentationsstelle des DIMDI kooperiert.

Darüber hinaus muss Vorsorge getroffen werden, dass Kinder die Möglichkeit haben, ihre genetischen Halbgeschwister kennenzulernen.

Dr. Petra Thorn, 1. Vorsitzende BKiD, Langener Str. 37, 64546 Mörfelden, 06105 22629, info@bkid.de

Dipl.-Psych. Claudia Brügge, 1. Vorsitzende DI-Netz, Turnerstr. 49, 33602 Bielefeld, 0521 9679103, info@di-netz.de

Letzter Schliff am Samenspenderregister (Gesetzgebung, Teil 15)

Es sind nur noch wenige Schritte bis zur Verabschiedung des Samenspenderregister-Gesetzes.

Ende März wurden in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses noch mehrere Punkte des Gesetzesentwurfes moniert, doch auch die Legislaturperiode naht sich dem Ende. Daher sind wir gespannt, ob es jetzt überhaupt noch Nachbesserungen geben wird.

Aus Sicht von DI-Netz braucht es mindestens noch eine Verbesserung für die Fälle von Zeugungen aus der Zeit vor 2007. Dies hieße, dass die Spenderdaten aus dieser Zeit unter dem Schutz der geplanten BGB-Änderung entweder ebenfalls ins zentrale Register aufgenommen würden oder aber dass sie –  in Gleichbehandlung zu den Fällen, die ab 2007 nach TPG verwahrt würden – 110 Jahre in den Entnahmeeinrichtungen sicher gelagert werden. Letzteres wäre ja wenigstens ein Kompromiss. Andernfalls würde das neue Gesetz überhaupt keine Hilfe für all die betroffenen Menschen anbieten, die heute älter sind als neun Jahre. Dies sind etwa 100.000 Menschen in Deutschland – der Großteil der Betroffenen.

Wir hoffen, dass man noch eine vernünftige Regelung für die sogenannten Altfälle findet, die ja in unserer Lebensrealität nicht wirklich Altfälle sind.

Öffentliche Anhörung zum geplanten Samenspenderregistergesetz im Gesundheitsausschuss (Gesetzgebung, Teil 14)

In der vergangenen Woche (am 29.3.17) gab es im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine öffentliche, etwa einstündige Anhörung zum geplanten Samenspenderregister-Gesetz. Als Sachverständige waren achtzehn Verbände und ein Einzelsachverständiger eingeladen, darunter auch unser DI-Netz. Dreizehn Verbände reichten zuvor eine schriftliche Stellungnahme ein.

DI-Netz wurde bei der mündlichen Anhörung durch unser Ehrenmitglied Rechtsanwältin Dr. Helga Müller vertreten. Auch nutzten einige Eltern, teils mit ihren Kindern, die Möglichkeit, die Anhörung auf der Besuchertribüne mitzuverfolgen. Wer sich die Sitzung im Nachgang im Bundestagsfernsehen ansehen möchte, findet sie in der Mediathek des Bundestages als Videomitschnitt. Es gibt auch einen kurzen zusammenfassenden Text der Pressestelle des Bundestages.

Während der Anhörung wurden gut vorbereitete Fragen zu strittigen Aspekten des Gesetzentwurfs gestellt. Die Einschätzung des DI-Netzes wurde zu drei Punkten angefragt: zum Ausschluss der gerichtlichen Feststellung des Samenspenders als juristischer Vater, zu unseren Regelungswünschen hinsichtlich der sogenannten Altfälle vor Inkrafttreten des TPGs und zu der Überlegung, den Samenspender ins Geburtenregister einzutragen.

PROF. HELMS: „…Freistellung des Samenspenders unbedingt erforderlich, damit man endlich einen entspannten und offenen Umgang mit der Samenspende praktizieren kann.“

Viel Raum nahm bei der Anhörung die geplante BGB-Änderung ein, dass nämlich der Samenspender nicht mehr als rechtlicher Vater gerichtlich festgestellt werden kann. Besonders gut hat uns hier die nachdrückliche und pointierte Argumentation von Prof. Tobias Helms gefallen, der klarstellte, dass eine solche Regelung international längst „absoluter Standard“ ist und dass ja auch beim Ausschluss des Samenspenders durchaus noch die freiwillige und einvernehmliche Vaterschaftsanerkennung bzw. eine Erwachsenenadoption möglich wäre.

Helga Müller aus unserem DI-Netz brachte im späteren Verlauf ergänzend an, dass  die DI-Väter durch die neue Regelung eine Stärkung erfahren: „In dem Moment, in dem Samenspender nicht mehr als rechtlicher Vater festgestellt werden können, verliert der DI-Vater im gesellschaftlichen Kontext sein Stigma als ‚halber Vater‘, der jederzeit mit einer Veränderung des rechtlichen Status rechnen muss.(…)

Und Dr. Peet von der Berliner Samenbank schätzte es so ein, dass durch die neue Regelung die „Spendenbereitschaft deutlich zunehmen wird„.

Ingesamt tendierte die Stimmung unter den Sachverständigen wohl dazu, dem Ausschluss der Feststellung des Samenspenders als juristischer Vater eher zuzustimmen, wenngleich es vereinzelte Stimmen gab, die dieser Regelung eher kritisch entgegen sehen oder für Ausnahmen plädierten (Motejl vom Spenderkinder-Verein, Lüblinghoff vom Deutschen Richterbund, Becker vom DAV).

DI-NETZ mahnt Regelung für sogenannte Altfälle an: „Im DI-Netz gibt es sehr viele Kinder, die gerade mal neun Jahre sind, und nicht mehr von dem neuen Gesetz profitieren (…)“

Ein ausgesprochen wichtiges – unserem Verein sehr am Herzen liegendes Anliegen – ist die Frage der sogenannten Altfälle aus der Zeit vor 2007, als das TPG noch nicht in Kraft war. Eine diesbezügliche Regelung ist im jetzigen Entwurf unberücksichtigt.

Neben DI-Netz hatten sich schon einige andere kritisch über die Vernachlässigung dieser Fälle geäußert. Dies sind zum Beispiel der „Spenderkinder“-Verein, die Deutsche Gesellschaft für Kinderwunschberatung BKID, der Deutsche Anwaltsverein DAV, die Berliner Samenbank sowie die GRÜNEN und DIE LINKE.

Während der Anhörung wurden DI-Netz und der Verein „Spenderkinder“ dazu gefragt (siehe Videomitschnitt 14:42 – 14:46 Uhr). Beide Vereine sind sich einig, dass auch ältere Daten, die nicht nach dem TPG oder nach Inkraftreten des neuen Gesetzes erfaßt sind, ebenfalls ins neue Spenderregister überführt werden sollten. Denkbar wäre dies beispielsweise mit Einwilligung des Samenspenders und der Kindsmutter. Oder indem diese Fälle wenigstens mit in die Übergangsregelung §13 einbezogen werden, die vorsieht vorhandene Datensätze aus der Zeit vor Inkraftreten des neuen Gesetzes wenn auch nur in den Entnahmeeinrichtungen 110 Jahre aufzubewahren. Dies wäre eine wirksame gesetzgeberische Maßnahme, um zumindest zu verhindern, dass heute noch vorhandene Daten unwiederbringlich vernichtet werden (So eine Regelung müßte ggfs. ergänzt werden durch eine sanktionsbewehrte Führung von Bestands- bzw. Datenvernichtungsbüchern in den einzelnen Einrichtungen). Christina Motejl vom Spenderkinder-Verein wies darauf hin, dass bei einer Interessenabwägung Kindesinteressen regelmäßig überwiegen. Dass eine entsprechende Interessengewichtung in der gesetzlichen Regelung möglich ist, zeige sich beispielsweise in der jüngsten rückwirkenden Regelung im australischen Bundesstaat Victoria.

Offener Regelungsbedarf

In der Anhörung wurden weitere wichtige Punkte benannt, die mit dem neuen Gesetz erst mal offen bleiben: Der Regelungsbedarf bei Embryonenspende, die Begrenzung der Anzahl der so gezeugten Kinder pro Spender, die Möglichkeit genetische Halbgeschwister kennenzulernen, die Kenntnisrechte der Enkelgeneration, die Meldepflicht der Mutter nach der Geburt  und eine Präzisierung des Beratungsbedarf des gesamten beteiligten Personenkreises, hier vor allem der Beratungs- und Vermittlungsbedarf zum Zeitpunkt der Kontaktanbahnung zwischen Spender und Kind. Beide Personen –  so Hilland vom BRZ – treffen vollkommen unvorbereitet und isoliert aufeinander: „Die Mitteilung durch eine Behörde, das DIMDI, reicht nicht aus. Es braucht flankierende Maßnahmen.“

DI-Netz hatte sich zu den genannten Punkten schon in seiner ersten Stellungnahme gegenüber dem Gesundheitsministerium geäußert und kann hier also den meisten Äußerungen der übrigen Verbänden nur zustimmen.

Auch das Herabsetzen des Mindestalters einer selbständigen Auskunft des Kindes auf 14 Jahre oder eine rechtsfolgenlose Vaterschaftsfeststellung wurden bei der Anhörung zu Recht thematisiert und sollten bei der weiteren Gesetzgebung in Betracht gezogen werden. Weitere grundsätzliche Unklarheiten, wie die Zulässigkeit und die familienrechtliche Einordnung der Samenspende von alleinstehenden und lesbischen Frauen wurden wiederholt genannt, ebenso Regelungslücken der Privaten Samenspende und Spenden aus dem Ausland.

Prioritätensetzung: Wichtiges und Dringliches

Uneinig waren sich die Sachverständigen scheinbar vor allem hinsichtlich der Priorisierung der einzelnen Aspekte. Müssen einzelne Punkte eigentlich schon in der jetzigen Gesetzgebung zwingend verankert werden ( – Ist dies zeitlich noch vor Ende der Legislaturperiode zu schaffen?) oder können sie noch bis zur den nächsten Legislaturperioden warten oder gehen sie dann unter?

So scheinen einige Verbände mit der Begrenzung auf den jetzt vorgesehenen Gesetzgebungsschritt einigermaßen zufrieden, andere sehen im Gesetzesvorhaben nur eine unzureichende, „halbherzige“ „Teillösung“ oder gar „Verschlimmbesserung“. Manche sind pessimistisch, ob es in nächster Zukunft noch mal eine Chance geben wird, die jetzt bewußt offen gelassenen Regelungsbereiche politisch zu klären.

Das DI-Netz will sich zum jetzigen Zeitpunkt, in dieser Etappe ganz auf seine fundamentale Forderung zu den Altfällen konzentrieren. Hier befürchten wir am ehesten, dass ein Aufschieben eine spätere Regelung höchst unwahrscheinlich macht.

Es sind nur noch wenige Sitzungswochen bis zum Ende der Legislaturperiode. Vorrangig ist aus unser Sicht, dass das Gesetz überhaupt noch durchkommt. Es gibt noch Beratungen in den Ausschüssen und zwei Lesungen im Plenum, die gewünschten Veränderungen des Entwurfes bräuchten alle mehr oder weniger Bearbeitungszeit. Je mehr Nachbesserungen schon jetzt eingearbeitet werden können, um so besser. Ansonsten sollte man die wiederholt angesprochenen Aspekte in den weiteren, vielleicht umfangreicheren, abstammungsrechtlichen und fortpflanzungsmedizinischen Regelungen der nächsten Legislaturen zügig erneut aufgreifen.

Schade allerdings, dass über die Idee, einen weisungsunabhängigen Fachbeirat an das Spenderregister anzugliedern, nicht weiter gesprochen wurde. So ein Fachbeirat könnte – analog zum neuen Transplantationsregister – aus Vertretern der unterschiedlichen Verbände und Fachdisziplinen zusammengesetzt sein.  Dieses Gremium könnte einen wichtigen Beitrag dahingehend liefern, dass all die wichtigen, registerbezogenen offenen Punkte im Zuge der laufenden Umsetzung auf der Agenda bleiben anstatt womöglich still und leise unter den Tisch zu fallen.

Samenspenderregistergesetz – doch was ist mit unseren Kindern? (Gesetzgebung, Teil 13)

Kurze Meldung zum weiteren Verlauf der Gesetzgebung zum Spenderregister:

Heute am 8. März ist der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Samenspenderregister Thema im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Für morgen ist die erste Lesung im Bundestagsplenum angesetzt. Es soll noch Anhörungen der Verbände und weiterer Sachverständige geben.

DI-Netz begrüßt grundsätzlich den Gesetzesentwurf der Bundesregierung und freut sich, dass bereits einige Anregungen unseres Vereins aufgegriffen wurden. Doch was die Politik jetzt noch dringlichst angehen sollte, ist der Datenerhalt aus der Zeit vor 2007 – für alle Kinder, die heute älter sind als 10 Jahre.

Wir haben dazu eine Stellungnahme an die Politik geschickt und hoffen, dass sich Bundestagsabgeordnete ein Herz fassen und sich für die Interessen unserer Kinder stark machen!

Fachgespräch von DI-Netz mit Rechtsexperten der CDU (Gesetzgebung, Teil 3)

Am 7.9.16 haben sich Vertreterinnen von DI-Netz mit Rechtsexperten der CDU- Bundestagsfraktion in Berlin zu einem Fachgespräch getroffen, um darüber zu sprechen, was Familien nach Samenspende vom Gesetzgeber brauchen.

Man gab uns die Gelegenheit, offen und ausführlich darüber zu sprechen, wie wir die gesetzliche Lage und die Praxis der Spendersamenbehandlung in Deutschland derzeit erleben und bewerten.

Das Hand-Out von DI-Netz für dieses Gespräch mit dem Titel „Was brauchen Familien nach Samenspende vom Gesetzgeber“ findet sich hier.

Woopen: Spenderregister nötig

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 19.5. hat sich die ehemalige Ethikrat-Vorsitzende und Medizinethikerin Christiane Woopen für ein zentrales Spenderregister bei einer unabhängigen Bundesbehörde ausgesprochen.  Immerhin stelle das Wissen um die eigene Herkunft einen wesentlichen Beitrag zur Identitätsbildung dar. Die derzeitige gesetzliche Regelung sei allerdings nicht zufriedenstellend. Ein Spenderregister könnte angesiedelt sein bei dem BAFzA, dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, so Woopen. Eine solche zentrale Dokumentationsstelle würde den Menschen, die durch Samenspende oder auch durch Embryonenspende gezeugt worden sind, einen niedrigschwelligen Zugang ermöglichen zu Informationen über den Spender. Der Zugang zu Spenderinformationen sollte elternunabhängig und ohne Begründungsbedarf erfolgen.

Woopens Einschätzung stimmt überein mit der kürzlichen Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur „Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung“ (S. 128).

 

 

Walter Merricks vom „Donor Conception Network“ in Berlin

Walter Merricks und seine Frau Olivia Montuschi haben 1993 gemeinsam mit anderen Familien unsere englische Partnerorganisation, das Donor Conception Network, gegründet. Das DCN hat mittlerweile über 2000 Mitglieder und ist für unser deutsches DI-Netz in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. Walter Merricks sprach letzte Woche in Berlin auf einer reproduktionsmedizinischen Tagung (MSD, „Director’s Cut“) vor etwa hundert Ärzten über das Wohlergehen von Familien nach Gametenspende.

In seinem Vortrag Donor conception families: how do they fare best?“ problematisierte er die Kultur der Geheimhaltung, wie sie in der Vergangenheit vorherrschte, und berichtete darüber, was in Großbritannien von seiten der Regierung alles getan worden ist, um die Situation und die Rechte für Familien nach Gametenspende zu verbessern. Er erläuterte die große Bedeutung der Familiennetzwerke und erzählte von der vielfältigen Unterstützung, die unsere Organisationen „Donor Conception Network“, „Donor Sibling Registry“ und „DI-Netz“ bieten. Er zeigte auf, was Ärzte tun können, um sich für mehr Offenheit einzusetzen und gab der deutschen Politik den Rat, das Verbot der Eizellspende zu überdenken. Zum Abschluß seines Vortrages zeigte er den schönen Kurzfilm über das „Donor Conception Network“, der mit deutschem Untertitel auch auf unserer Webseite zu sehen ist.