Ist die Familiengründung mit Samenspende eine lebenslange Herausforderung?

Die Familiengründung kann nur dann zu einer Herausforderung werden, wenn die Eltern sich nicht angemessen gegenüber ihrem Kind verhalten, zum Beispiel, wenn sie aus der Samenspende ein Geheimnis oder Tabu machen. Ein Geheimnis wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Familienatmosphäre dauerhaft belasten. Wenn das Kind nicht frühzeitig, sondern spät aufgeklärt wird, kann seine Zeugungsart ein lebensbestimmendes, schwer zu integrierendes Lebensthema werden. Eine nachhaltige Belastung kann darüber hinaus entstehen, wenn dem Kind Informationen über den Spender vorenthalten werden.

Ein offener Umgang mit der Zeugungsgeschichte und ein offener Zugang zu Spenderinformationen tragen dazu bei, dass aus dem eigenen Kind kein „Berufsspenderkind“ wird, in dessen Leben sich dann scheinbar alles um die Samenspende dreht.

Für uns Familien im DI-Netz ist die Art der Zeugung unserer Kinder keine Herausforderung, sondern allenfalls ein spannendes Detail unseres Lebens. Wenn unsere Kinder den Spender kennenlernen wollen, unterstützen wir sie gern dabei.

Die Samenspende wird in der Tat nicht einfach vergessen, sobald das Baby endlich da ist. Sie bleibt auch nach der Behandlung ein Thema, unabhängig davon, wie offen die Familie später damit umgeht. Doch selbst wenn das Thema Samenspende unsere Familien weiter begleitet, ist sie weder ein lebenslanger Ballast noch ein ständig schwelendes Thema.

Samenspende ist nicht per se eine Last oder Bürde – weder für die Eltern noch für die Kinder. Sie ist auch kein raumgreifendes Thema, das ständig bearbeitet werden müsste. Samenspende ist das, was die Beteiligten daraus machen. Der Begriff „lebenslange Herausforderung“ erscheint uns daher als Dramatisierung. Alle Beteiligten – Eltern und Kinder – haben die Chance, in ihre besondere Situation hineinzuwachsen. Sie können die donogene Zeugung in ihr Selbstverständnis und in ihre Kommunikation miteinander integrieren oder sich diesem Prozess verweigern.

In den meisten Familien unseres Netzwerkes ist die besondere Zeugungsgeschichte regelmäßig und selbstverständlich als Gesprächsthema präsent Doch meistens ist sie im Alltag nicht präsent, da sie nur selten relevant ist. Dass die Samenspende im Alltag vielfach im Hintergrund bleibt, hält DI-Netz durchaus für richtig, da wir eine Identitätspolitik ablehnen, die die Samenspende oder den Samenspender zum Lebensmittelpunkt oder Kern der eigenen Identität macht. Daher verwenden die meisten von uns auch nicht den Begriff „Spenderkinder“ oder „Spenderfamilie“ für unsere konkrete eigene Familie, da wir uns und unsere Kinder nicht über die Samenspende definieren.

B.T.

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