Anhörung im Gesundheitsausschuss zur Kostenübernahme

Am 28. November 2018 war unser Verein DI-Netz e.V. zu einer Öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag eingeladen, zu der wir auch eine schriftliche  Stellungnahme eingereicht haben.

Es ging um den Entwurf eines Gesetzes der GRÜNEN zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Gleichstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften und lesbischer Paare bei der Kostenübernahme für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung (BT-Drs19/1832) und um den Antrag der Fraktion DIE LINKE, „Medizinische Kinderwunschbehandlungen umfassend ermöglichen“ (BT-Drs. 19/5548).

Die Öffentliche Anhörung wurde aufgezeichnet und kann hier nachträglich verfolgt werden: https://www.bundestag.de/ausschuesse/a14/anhoerungen/stellungnahmen-inhalt/578608

Der Gesetzentwurf der Grünen wurde bereits 2015 im Deutschen Bundestag diskutiert und anschließend mit einer Beschlussempfehlung (BT-Drs. 18/7517) abgelehnt: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/075/1807517.pdf In dieser Beschlussempfehlung wurden Forderungen genannt, die zunächst erfüllt sein müssten, damit man sich im Deutschen Bundestag auch für eine Kostenübernahme der Familiengründung mit Samenspende entscheiden könne.

Da die von uns vertretenen Familien einschließlich ihrer Kinder – durch den Ausschluss bei der Kostenübernahme explizit für unsere Familienform – unmittelbar von der Diskriminierung betroffen sind, die mit dem Vorschlag der Grünen und der Linken sowie auch mit einem Vorschlag der FDP (BT-Drucksache 19/585) beseitigt werden soll, haben wir ein großes Interesse daran, dass diese Benachteiligung schnellstmöglich aus der Welt geschafft wird. Bislang wurden unsere Bitten um Gleichstellung bei der Kostenübernahme stets von der Politik abgewiesen, weil die Samenspende rechtlich unzureichend geregelt war.

Die in der o.g. Beschlussempfehlung genannten Gründe sind inzwischen weitgehend aus der Welt geschafft worden. Mit dem Samenspenderregistergesetz (SaRegG) wird dem Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung bei Samenspende nun Rechnung getragen. Gleichzeitig wurden mit diesem Gesetz unterhalts- und erbschaftsrechtliche Probleme beseitigt. Wird im Rahmen einer medizinischen Einrichtung Samen gespendet, ist die Feststellung des Samenspenders als juristischer Vater laut §1600 (4) BGB ausgeschlossen. Aufgrund von Vorschlägen des Arbeitskreises Abstammung im Justizministerium wird derzeit ein Anpassungsgesetz erarbeitet, mit dem die noch offenen abstammungs- familien-, sozial- und zivilrechtlichen Fragen geklärt werden sollen.

Im Zuge der erneuten Anhörung am 28.11.2018 wurde deutlich, dass der Begriff der „auf Dauer angelegten Partnerschaft“, der Bestandteil des Gesetzesvorschlages der Grünen ist, nicht so einfach zu definieren ist. Dazu kam von verschiedenen Seiten ein Lösungsvorschlag: Eine präkonzeptionelle Vaterschafts- bzw. Mutterschaftsanerkennung jeweils von zwei Personen. Diesen Vorschlag hatten auch wir bereits im Jahr 2015 in der Kommunikation mit den Grünen unterbreitet und wir hoffen, dass dieser nun mit dem Anpassungsgesetz zügig umgesetzt werden kann.

Weiterhin wurde bei der Anhörung deutlich, dass definiert werden muss, was mit dem Begriff „medizinisch indiziert“, der ebenfalls Bestandteil des Gesetzentwurfs der Grünen ist, dann vom Gesetzgeber gemeint ist. Fallen darunter „nur“ solche Paare, bei denen auch bei der Frau eine medizinische Indikation vorliegt oder ist die medizinische Indikation beim Mann ausreichend als Voraussetzung für die Kostenübernahme? Wie sind Fälle zu bewerten, bei denen keine medizinische Indikation in dem Sinn vorliegt, also bei Frauen, die auch ohne medizinische Hilfe fortpflanzungsfähig wären, die jedoch mit einer anderen Frau eine Lebensgemeinschaft bilden oder die ihr Kind als alleinstehende Mutter bekommen möchten. Das ist eine Frage der Begriffsdefinition, mit der sich der Gesetzgeber in der Diskussion um die Ausgestaltung des neuen Gesetzes auseinandersetzen muss. In jedem Fall sollten baldmöglichst die Fälle geregelt werden, bei denen eine medizinische Indikation (auch) bei der Frau vorliegt.

Erinnert sei an dieser Stelle an die Möglichkeit, Leistungen auch als freiwillige Satzungsleistung der Krankenkasse zu ermöglichen oder aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren, zum Beispiel durch staatliche Fonds. Der Gesetzgeber sollte stichhaltige sachliche Gründe nennen, falls er auch das ablehnt.

Der Verein Spenderkinder vertrat wiederholt die Auffassung, man müsse Eltern von Kindern, die mittels Samenspende gezeugt wurden, dazu zwingen, ihre Kinder über die Zeugungsart aufzuklären. Eine Kostenübernahme der Samenspende ließe nach der Ansicht des Vereins Spenderkinder die nötige Reflexion der zukünftigen Eltern vor einer Behandlung voraussichtlich entfallen und es werde der Eindruck vermittelt, dass kein Unterschied zu einer homologen Insemination bestünde. – In diesem Zusammenhang verweisen wir darauf, dass sich nach unserer Erfahrung Wunscheltern, die eine Samenspende in Erwägung ziehen, sehr gründlich mit den vielfachen damit im Zusammenhang stehenden Fragen auseinandersetzen. Bereits heute gibt es in Deutschland umfassende Informations- und Reflexionsangebote, auch direkt über das DI-Netz. Wir erinnern zudem gerne daran, dass eine Entstigmatisierung unserer Familienform notwendige Voraussetzung ist, um Eltern für mehr Offenheit zu gewinnen und zur Aufklärung ihres Kindes über seine Zeugungsart zu überzeugen. Eine Anerkennung unserer Familienform durch eine gleichwertige Kostenübernahme im Vergleich zur Kostenübernahme bei anderen Familienformen könnte einen entscheidenden Beitrag zur Entstigmatisierung leisten.

Letztlich wurden bei der Anhörung noch diverse „Gründe“ für einen Aufschub der Entscheidung genannt, die eigentlich keine Gründe sind, um die Beseitigung der bestehenden Diskriminierung weiterhin aufzuschieben. Hier ging es hauptsächlich um die Forderung nach einem in sich schlüssigen Fortpflanzungsmedizingesetz, die DI Netz e.V. nur begrüßen kann.

Wir haben die große Befürchtung, dass auch zukünftig bei jeder neuen Einbringung des Gesetzesvorschlags immer wieder neue Gründe gefunden werden, um die Realisierung der Gleichstellung weiterhin zu blockieren. Deshalb fordern wir den Gesetzgeber auf, schnellstmöglich zu handeln, das heißt, eine Kostenübernahme für Familiengründung mit Samenspende ab sofort für alle heterosexuellen Partnerschaften und in sehr absehbarer Zukunft nach Beseitigung des im Zusammenhang mit der Stiefkindadoption bestehenden Problems auch für lesbische Partnerschaften sowie für allein lebende Frauen, die eine zweite für das zukünftige Kind als Mutter oder Vater sorgende Person mitbringen.