„Zwischen Kinderwunsch und Kindeswohl“ – Tagung am 24.5. in Göttingen

Am 24.05.2019 fand  an der Georg-August-Universität in Göttigen ein Symposium zum Medizinrecht „Zwischen Kinderwunsch und Kindeswohl – Rechtliche und ethische Herausforderungen der Kinderwunschmedizin“ statt.

Es gab Vorträge zum moralischen Status des Embryos (Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert; Medizinethik Münster) zu den Chancen und Risiken der Kryokonservierung von Eizellen und Embryonen (Univ.-Prof. Dr. Barbara Maier, Medizin Wien), zur „Elternschaft“ nach Kinderwunschbehandlung aus juristischer Sicht (Prof. Dr. Eva Schumann, Rechtswissenschaft Göttingen) und zu ethischen Fragen im Zusammenhang mit „Spendern und Spenderkindern“ (Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann, Bochum). Anschließend gab es eine Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Andreas Bernard (Kulturwissenschaften Lüneburg) Prof. Dr. Friederike Wapler (Rechtswissenschaften Mainz) und Prof. Dr. Claudia Wiesemann ( Medizinethik Göttingen).

Der Begriff „Kindeswohl“ wurde – auch mit dem Hinweis von Frau Prof. Dr. Wiesemann, dass er nicht definiert ist, weil er etwas sehr Individuelles hat – unter Thematisierung verschiedener reproduktionsmedizinischer Verfahren beleuchtet.

Wir wollen hier die wichtigsten Aussagen aus diesem Symposium festhalten, die im Zusammenhang mit der Familiengründung mit Spendersamen stehen.

Frau Prof. Dr. Schumann, die aktiv am der Gesetzentwurf zum Abstammungsrecht mitarbeitet, wünscht sich für eine Reform des Abstammungsrechts insbesondere eine verbindliche Zuordnung des Kindes zum Wunschelternteil bei Familiengründung mit Samenspende. Die soziale Beziehung des Kindes sollte bei der rechtlichen Zuordnung berücksichtigt werden. Das Spenderregister sollte auch für die Embryoadoption gelten. Hier sollte nicht nur der Spender, sondern auch die Spenderin erfasst werden. Sie verweist darauf, dass das Anfechtungsrecht für Kinder aus einem Seitensprung weiterhin bestehen bleibt, für Kinder, die mittels assistierter Befruchtung mit Spendersamen entstanden sind, vielleicht bald nicht mehr. In vielen anderen Ländern gibt es kein Anfechtungsrecht für DI-Kinder. Sie würde ihnen und anderen Kindern nicht so sehr unterschiedliche Anfechtungsrechte zugestehen wollen.

Auch Frau Prof. Dr. Friederike Wapler spricht sich dafür aus, die Anfechtungsrechte eher zu verknappen als auszuweiten. Das Recht des Kindes auf Kenntnis über seine Abstammung habe eher den Aspekt, dass wir Menschen generell etwas über unsere Geschichte wissen wollen. Wir sollten jedoch nicht in Biologismus verfallen.

Frau Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann kritisierte die anonymen Spenden im Ausland, nach denen den daraus entstandenen Kindern das Recht auf Kenntnis ihrer Herkunft in diesen Ländern verweigert werde. Damit würden europarechtliche Vorgaben verletzt werden, was sanktioniert werden müsse. – Weiter ist sie der Auffassung, dass genetisch-biologische Verbindungen in unserer Kultur so wichtig seien, dass dies zu Belastungen führen würde.

Wir meinen, dass es in unserem Land nicht nur eine einzige Kultur gibt. Vielmehr leben wir in einem Land mit kultureller Vielfalt. Wenn die Bedeutung des Wissens über die eigene Herkunft von der individuell gelebten Kultur abhängt, dann sollten Eltern sich genau überlegen, mit welchen kulturellen Vorstellungen sie ihre Kinder großziehen. Aus gesellschaftlicher Sicht benötigen wir in jedem Fall eine Kultur der Anerkennung und Entstigmatisierung. Sie ist für ein besseres Lebensgefühl aller minderjährigen und erwachsenen Menschen in diesem Land von Bedeutung.