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Fachgespräch von DI-Netz mit Rechtsexperten der CDU (Gesetzgebung, Teil 3)

Am 7.9.16 haben sich Vertreterinnen von DI-Netz mit Rechtsexperten der CDU- Bundestagsfraktion in Berlin zu einem Fachgespräch getroffen, um darüber zu sprechen, was Familien nach Samenspende vom Gesetzgeber brauchen.

Man gab uns die Gelegenheit, offen und ausführlich darüber zu sprechen, wie wir die gesetzliche Lage und die Praxis der Spendersamenbehandlung in Deutschland derzeit erleben und bewerten.

Das Hand-Out von DI-Netz für dieses Gespräch mit dem Titel „Was brauchen Familien nach Samenspende vom Gesetzgeber“ findet sich hier.

Gesetzesantrag der Grünen im Bundestag und Stellungnahme, Teil 1

Unter dem Titel „Elternschaftsvereinbarung bei Samenspende und das Recht des Kindes auf Kenntnis der Abstammung“ (BT-Drucksache 18/7655) hat die grüne Bundestagsfraktion im Februar einen Gesetzesantrag in den Bundestag eingebracht, der Vorschläge zur weiteren Regulierung der Samenspende macht, insbesondere zur Absicherung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung.

Zu dem Gesetzesantrag hat DI-Netz zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung BKiD und dem reproduktionsmedizinischen Arbeitskreis AKDI eine gemeinsame Stellungnahme verfasst. In dieser Stellungnahme analysieren wir ausführlich die Stärken und Schwächen des grünen Entwurfs.

Woopen: Spenderregister nötig

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 19.5. hat sich die ehemalige Ethikrat-Vorsitzende und Medizinethikerin Christiane Woopen für ein zentrales Spenderregister bei einer unabhängigen Bundesbehörde ausgesprochen.  Immerhin stelle das Wissen um die eigene Herkunft einen wesentlichen Beitrag zur Identitätsbildung dar. Die derzeitige gesetzliche Regelung sei allerdings nicht zufriedenstellend. Ein Spenderregister könnte angesiedelt sein bei dem BAFzA, dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, so Woopen. Eine solche zentrale Dokumentationsstelle würde den Menschen, die durch Samenspende oder auch durch Embryonenspende gezeugt worden sind, einen niedrigschwelligen Zugang ermöglichen zu Informationen über den Spender. Der Zugang zu Spenderinformationen sollte elternunabhängig und ohne Begründungsbedarf erfolgen.

Woopens Einschätzung stimmt überein mit der kürzlichen Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur „Embryospende, Embryoadoption und elterliche Verantwortung“ (S. 128).

 

 

Jede Menge Kritiken zum Buch „Spenderkinder“

Vor einigen Wochen ist ein Buch mit dem Titel „Spenderkinder“ erschienen (Untertitel „Künstliche Befruchtung, Samenspende, Leihmutterschaft und die Folgen). Die Autoren Oelsner und Lehmkuhl führen darin ihre negativen Ansichten zur Reproduktionsmedizin aus, insbesondere zur Samenspende, und haben exemplarisch mehrere Mitglieder des Vereins „Spenderkinder“ interviewt, deren „Lebensskizzen“ sie in dem Buch vorstellen. Bei diesen zehn Personen handelt es sich um überwiegend spät aufgeklärte „Kinder“, die mittlerweile erwachsen sind. In knappen Fallvignetten wird erzählt, wie das Familiengeheimnis der Samenspende nach langen Jahren des Schweigens oft unter traumatischen Bedingungen gelüftet wurde. Die frühesten Aufklärungen waren seltene Ausnahme, „Eröffnungen“ der Eltern als das Kind 9 oder 10 war, was heutzutage schon nicht mehr wirklich früh ist.

Unser Familiennetzwerk macht sich stark für eine echte Offenheit und Gesprächsbereitschaft von Anfang an, so wie es die frühere Generation dieser „Spenderkinder“ kaum erlebt hat. Und im DI-Netz gibt es viel Wissen, wie das geht, wie Kinder und Eltern die Samenspende psychisch erleben und wie eine DI-Familie entspannt mit ihrer besonderen Geschichte umgehen kann. – So ist dies Buch auf einigen Unmut im DI-Netz gestoßen, meist wegen einer ganzen Reihe von Pauschalisierungen und Fehldarstellungen der Autoren (darunter die völlig übertriebene Zahlenangabe von angeblich jährlich 12.000 Geburten nach Samenspende in Deutschland, die auf Seite 24 ausgerechnet dem DI-Netz in den Mund gelegt wird).

Unter den Menschen, die uns geschrieben haben, wie sie das Buch finden, danken wir ganz besonders den sieben Rezensenten, die hier nun jeweils ihre Buchbesprechung für unsere Webseite zur Verfügung stellen. – Jede einzelne lohnt es sich zu lesen (dafür bitte den Namen anklicken)!

  • Die Ärztin Judith Zimmermann beschreibt das Buch auf der sozialwissenschaftlichen Rezensionsplattform „socialnet“ als „ein insgesamt schlecht recherchiertes Buch, das Eltern vor einer Samenspende vermutlich eher dazu bewegen wird, größtmögliche Geheimhaltung zu betreiben, auch wenn die Autoren dafür plädieren, offen mit dieser Art der Zeugung umzugehen.“ Ihrem Eindruck nach lassen die Autoren ziemlich ungeklärt, wie ein offener Umgang genau aussehen kann.
  • DI-Netz-Mitglied und langjährige Moderatorin in Kinderwunschforen B. Turner kennt die typischen Vorwürfe gegen die Samenspende und gegen die Reproduktionsmedizin nur zu gut und kritisiert markante Schlagwörter aus dem Buch.
  • Auch Ulrich Simon hat das Buch als DI-Vater und Familientherapeut gelesen und hinterfragt die Logik und Einseitigkeit der Argumentation. Aus seiner Sicht leidet die Darstellung unter einer Interessenverquickung der Autoren mit den Interviewten, einer Ignoranz gegenüber dem Feld und überzogenen Opfer-Täter-Dichotomien (- eine unnötige Frontstellung von Eltern versus Kindern).
  • Die Familientherapeutin Petra Thorn ist langjährige Expertin in Sachen Familiengründung mit Samenspende und kennt die nationale wie internationale Situation. In ihrer Buchbesprechung benennt sie wissenschaftliche, medizinische und juristische Mängel der Publikation.
  • Für den Medizinethiker Tobias Fischer besteht das „Spenderkinder“-Buch eigentlich aus zwei Büchern mit unterschiedlichen Denkansätzen, die ineinander verkeilt werden: einem Einleitungsteil, der die reaktionäre Einstellung der Autoren offenbart und einem lesenswerteren zweiten Teil mit den Interviews.
  • Die ersten Bücher in Deutschland, die Interviews mit „Kindern“ aus Samenspende wiedergeben, stammen von Stephanie Gerlach. Sie ist Kennerin von Regenbogenfamilien, wo es ja eine nahezu 100prozentige Aufklärungsrate gibt. Hier wachsen also Kinder nicht mit der Lüge auf, eine Samenspende hätte nicht stattgefunden. Gerlach bemängelt an dem „Spenderkinder“-Buch, dass Kinder von lesbischen Müttern gar nicht erst vorkommen, wodurch wichtige psychologische Erkenntnismöglichkeiten verschenkt würden.
  • Last but noch least meldet sich Lena Hermann-Green in ihrem Text „Sprecht nicht in meinem Namen“ zu  Wort. Sie wurde durch donogene Insemination gezeugt, würde sich selbst aber nicht als „Spenderkind“ bezeichnen würde. Sie wehrt sich dagegen, wenn andere in ihrem Namen sprechen.

DI-Netz möchte den Verkauf des Buches von Oelsner und Lehmkuhl nicht fördern. Wer sich den Erwerb des Buches sparen möchte, kann sich auf der Verlags-Webseite von Fischer&Gann die ersten 70 Seiten des ebooks gratis anschauen. Mitglieder von DI-Netz können sich auch gern ein Exemplar aus der internen Vereinsbibliothek ausleihen.

Für diejenigen, die gern mehr und fundierteres von Kindern aus Samenspende erfahren möchten, lohnt übrigens noch ein wenig Warten: Neben unserer Ratgeberreihe „Offen gesprochen“ entstehen in Kooperation mit unserem DI-Netz zwei richtig gute Bücher und auch ein Film, in denen „Spenderkinder“ aus dem Netzwerk über sich, ihr Leben und ihre Familie erzählen. Es kommen Kinder über und unter achtzehn Jahren zu Wort – in ihrer ganzen Vielstimmigkeit.

Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Die französische Anwältin Audrey Kermalvezen (geb. 1980, Ehefrau von Arthur Kermalvezen, Autor von „Ganz der Papa“) wurde mithilfe einer anonymen Samenspende gezeugt und geht jetzt bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, nachdem ihre Klage in Frankreich durch alle Instanzen hinweg gescheitert ist. Denn sie möchte erreichen, nicht-identifizierende Informationen über den Spender zu bekommen und dass der Spender gefragt wird, ob er zu einem Kontakt bereit ist.

Hintergrund ist: In Frankreich herrscht eine durch den Gesetzgeber verordnete, besonders strikte Anonymität der Spender. Es steht unter Strafe, die Identität eines Spenders offenzulegen, auch ihm selbst ist dies strafrechtlich untersagt.

Der Prozeß ist bedeutsam für alle europäischen Länder, denn in einigen Ländern herrscht ebenfalls noch absolute Anonymität (Belgien, Tschechien, Spanien), und ein Erfolg der Klägerin würde für ganz Europa ein deutliches Signal setzen.

Es gibt zu dieser Klage vor dem europäischen Gerichtshof eine Spendenaktion (unten auf der Seite gibt es einen Button für die englische Übersetzung.)

„Auch meine Familie unterstützt diese Kampagne mit einer kleinen Geldspende, denn die durch den Gesetzgeber zwangsverordnete oder geduldete Anonymität der Spender gegenüber dem Kind gehört weltweit abgeschafft. Unsere Kinder sollten nicht nur ein Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung haben, sie sollten es auch bekommen, wenn sie es brauchen.“ Claudia Brügge, Vorsitzende DI-Netz e.V.

Nächster Gerichtsfall zum Auskunftsrecht

Erneut hat es ein positives Gerichtsurteil zum Auskunftsanspruch eines Kindes aus Samenspende gegeben. Wieder hat eine Frau (28 J.) gegen die Essener Klinik „novum“  auf Herausgabe der Spender-Daten geklagt – und auch ihr wurde vor Gericht recht gegeben. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, die gegnerische Seite ist in Berufung gegangen.

Auf der Webseite der Rechtsanwälte Nelke/ Eßer & Eßer kann man das Urteil nachlesen.

Vieles in der Urteilsbegründung erinnert an den Fall von 2013 beim OLG Hamm, wo demselben Arzt ebenfalls widersprüchliche Aussagen und ein unzureichender Nachweis von Nachforschungen bescheinigt worden war. Neu ist an diesem Fall, dass vom Gericht deutlich klar gestellt wird, dass auch die übrigen Gesellschafter des Kinderwunschzentrums mit in Haftung genommen werden und dass nun ausführlicher als bisher über mögliche Verjährungsfristen gestritten wird. Der Rechtsanwalt zieht daraus den Schluss, dass es für Kinder und ihre Eltern ratsam sein könnte, sicherheitshalber noch vor Ende 2016 ein gerichtliches Auskunftsverfahren anzustrengen.

Anteilige Kostenübernahme? DI-Netz beim Gesundheitsausschuss im Bundestag

Am 14.10. war DI-Netz zusammen mit Vertretern anderer Verbände zu einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages als Sachverständige eingeladen.

Es ging um einen Gesetzesentwurf der Grünen. Die Grünen schlagen eine anteilige Kostenübernahme der GKV auch bei unverheirateten und lesbischen Kinderwunschpatientinnen vor. Damit wird auch das Thema Samenspende relevant.

Da die Grünen Oppositionspartei sind, ist die Umsetzung des Änderungsvorschlags unwahrscheinlich. Zudem reagiert die Politik auf Forderungen nach Ausweitung der Finanzierung generell eher reserviert. So war der Anhörungsverlauf insgesamt auch eher konservativ und abwehrend.

Nur solche Verbände, die in der psychosozialen Beratungspraxis viel mit Patientinnen und ihren Familien zu tun haben, fanden unterstützende Worte in ihren Stellungnahmen. Neben DI-Netz waren dies BKiD, ProFamilia und Wunschkind e.V..

Die Stellungnahme von DI-Netz ist neben elf weiteren auf der Webseite des Bundestages nachzulesen.

Samenspende als Adoption regeln? DI-Netz bei den GRÜNEN im Bundestag

Am Montag (12.10.2015) war DI-Netz bei der grünen Bundestagsfraktion zu einem Fachgespräch mit dem Titel „Regelungsbedarf im Adoptionsrecht“  in den Bundestag eingeladen. Zusammen mit Vertretern anderer Organisationen haben wir eine Idee der GRÜNEN diskutiert, ob sich die Samenspende gesetzlich vielleicht als Adoption regeln ließe.

Zwischen Adoption und Samenspende gibt es Gemeinsamkeiten aber vor allem gravierende Unterschiede. DI-Netz hat zusammen mit den Beratungsfachkräften von BKiD (Deutsche Gesellschaft für Kinderwunschberatung) und den Ärzten und Samenbanken des AKDI (reproduktionsmedizinischer Arbeitskreis Donogene Insemination) eine kritische Stellungnahme verfasst.

In der gemeinsamen Diskussion mit den GRÜNEN wurde dann auch mehr als deutlich, dass eine Adoptionsregelung in unserem Bereich einfach keine gute Idee wäre.

Zum Nachlesen und Ausdrucken:

Unsere Stellungnahme lesen Sie bitte hier und die Powerpoint-Präsentation hier.

Informationen zum grünen Diskussionspapier finden Sie hier und ausführlicher hier.

Nachtrag: In einem späteren Schreiben hat das DI-Netz den GRÜNEN noch näher erläutert, worin die Differenzen zwischen dem Verein „Spenderkinder“ und „DI-Netz“ bestehen. Dieser Brief findet sich hier.

 

Endlich erfolgreich! Heute Prozess beendet: Familie erhält Spenderdaten (BGH, Teil 7)

Anfang dieses Jahres hat der Bundesgerichtshof in einem Revisionsverfahren geurteilt, dass Eltern, die hier bereits in dritter Instanz für ihre Kinder klagten, grundsätzlich berechtigt sein können, im Namen ihrer zwei minderjährigen Kinder Auskunft hinsichtlich der Identität des Samenspenders zu erhalten. Vom BGH wurden Rechtsfehler im vorherigen Urteil des Berufungsgerichts moniert und darüber hinaus wurden in der Urteilsbegründung einige allgemeine Rechtsfragen zur Samenspende klargestellt. – Auf der Webseite von DI-Netz haben wir bereits in einer sechsteiligen Serie ausführlich darüber berichtet.

Für den konkreten Fall der Familie heißt das: der BGH kassierte im Januar das vorinstanzliche Urteil ein, und das Landgericht Hannover war nun abermals aufgefordert, die nötige Interessenabwägung in diesem Rechtsstreit noch einmal sorgfältig durchzuführen und eine neue Entscheidung zu treffen. Beide Parteien mussten dafür in den vergangenen Monaten erneut Schriftsätze einreichen.

Die Entscheidung des Landgerichtes wurde endlich am heutigen Mittwoch (30.9.15) verkündet: Mit Erfolg für die Familie! (Die Berufung der Prozessgegner wurde nun also endgültig abgewiesen): Das Kinderwunschzentrum Bad Münder muss nun die Klardaten des Spenders an die Eltern, die die Interessen der Kinder im Prozess rechtmäßig vertreten haben, herausgeben.

DI-Netz gratuliert den Kindern und ihren Eltern ganz herzlich zu dem Ergebnis!

Wir freuen uns mit ihnen, dass sie den Prozess gewonnen haben, und danken ihnen für ihren langen Atem und ihren Mut auf dem mühsamen Weg durch die Instanzengerichte.

Ebenso ist dem Rechtsanwalt der Familie  Berthold Popadiuk aus Leipzig zu danken, der die Familie versiert durch die Prozesse begleitet hat. Herr Popadiuk bietet seine anwaltliche Hilfe gern weiteren Kindern mit ihren Eltern an, die vor Gericht klagen wollen.

– Dies Urteil wird in jedem Fall auch für andere Familien Geschichte schreiben!

(Claudia Brügge)

DI-Netz und BKiD schreiben an das Bundesjustizministerium

DI-Netz hat gemeinsam mit BKiD, der Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung, einen Brief ans Bundesjustizministerium geschickt, in dem wir uns zur Konkretierung des Auskunftsrechts der Kinder aus Samenspende äußern. Darin sprechen wir offene Fragen an und Punkte, die es vom Gesetzgeber dringend zu klären gilt.

Zum Nachlesen und Ausdrucken hier das Schreiben: BMJV Brief DI-Netz BKID