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Neu: Seminare von DI-Netz zur „Familiengründung mit Spendersamen“

Im DI-Netzwerk gibt es einen reichen Fundus an Erfahrungen und Kenntnissen zur Familiengründung mit Spendersamen.
Wir geben dieses Wissen gerne an andere weiter.
Deshalb freuen wir uns, zukünftig Informationsveranstaltungen zum Thema anbieten zu können, die Ihnen die eigene Entscheidung erleichtern sollen.

Informationsseminar „Familiengründung mit Samenspende – unser Weg!?

Die Spendersamenbehandlung ist mehr als eine medizinische Methode. Bevor Paare den Schritt wagen, mit Hilfe einer Samenspende ein Kind zu bekommen, machen sie sich einige Gedanken. Manche sehen einer Spendersamenbehandlung mit leichtem Herzen entgegen, andere finden diese Idee zunächst ziemlich befremdlich. In jedem Fall wollen Paare auf Dauer gut mit dem gewählten Weg leben können.

Falls Sie darüber nachdenken, eine Samenspende zu nutzen, hilft es:

• sich so viel fundierte Information zum Thema zu verschaffen wie möglich, damit Sie Ihre Situation kompetent einschätzen können.

• sich Zeit zu nehmen, die Spendersamenbehandlung gründlich miteinander zu besprechen, damit Sie mögliche Missverständnisse aus dem Weg räumen.

• andere Paare kennen zu lernen, die mit den gleichen Fragen beschäftigt sind wie SIe, damit Sie sich mit dem Thema nicht allein fühlen.

Der Rahmen eines Informationsnachmittags bietet daher eine besonders gute Gelegenheit, sich mit der Samenspende auseinanderzusetzen. Das Seminar soll Ihnen helfen, eine gute Entscheidung für oder gegen die Samenspende zu treffen.

Das Seminar bietet:

• Informationen zu juristischen, medizinischen und psychologischen Aspekten der Spendersamenbehandlung
• Informationen zur Wahl des Arztes, der Samenbank und der Spenderauswahl: Was können Sie beachten?
• Informationen über die Entwicklung von Kindern nach Samenspende: Wie geht es den Kindern? Sollten Sie mit dem Kind später über die besondere Zeugungsart sprechen?
• Hilfestellung bei der Überlegung, ob Sie mit Freunden, nahen Verwandten oder Außenstehenden über die Samenspende sprechen wollen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars erfahren, was Eltern und Kinder persönlich über die Familiengründung mit Spendersamen zu berichten haben.
Dabei soll es genügend Raum geben, sich über eigene Gedanken hinsichtlich der Samenspende auszutauschen.

Ort:

Bielefeld
Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland sind willkommen. Für den Fall einer weiten Anreise sind wir Ihnen gern bei der Organisation einer Unterkunft behilflich.

Zeiten:

Unsere Info-Nachmittage finden vierteljährlich statt.

Die nächsten Termine sind:
Samstag, 6.6.2015;
Samstag, 19.9.2015;
Samstag, 28.11.2015

13-18 Uhr, inkl. Pause

Teilnehmerzahl: 8 – 18 Personen

Kosten:

40 Euro pro Person,

ermäßigt für Mitglieder von DI-Netz e.V. 15 Euro pro Person

Rücktritt: bis 2 Wochen vor Veranstaltungstermin 50% Erstattung.

Anmeldung:

Per Post oder via Email an info@di-netz.de.
Bitte geben Sie Ihre Postadresse, evtl. Email und Ihre Telefon-Nummer an.
Die Anmeldung ist rechtsverbindlich, wenn der Teilnahmebeitrag überwiesen wurde. Sie erhalten eine Anmeldebestätigung mit weiteren Informationen nach erfolgreicher Anmeldung.

Seminarleitung:

Claudia Brügge, Jg. 67, Psychologische Psychotherapeutin, BKID-zertifiziert für Beratung bei Gametenspende

Ulrich Simon, Jg. 65, Familientherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Beide sind Eltern nach Samenspende und Mitbegründer von di-familie.de und DI-Netz e.V.

 

Faltblatt zum Ausdrucken: seminar-familiengründung-mit-spendersamen

 

TV-Tipp: Kinder, Eltern, Spendersuche

In den letzten Wochen gab es zwei besonders gelungene Beiträge im deutschen Fernsehen über erwachsene Menschen, die mithilfe einer Samenspende gezeugt wurden und die im Verein „Spenderkinder“ aktiv sind.

Dies ist zum einen die Sendung „Anonym gezeugt“ im Rahmen der Reihe „Menschen Hautnah“ des WDR „, wo es vor allem um Anja und Sunny geht.

http://www1.wdr.de/fernsehen/dokumentation_reportage/menschen-hautnah/sendungen/anonymgezeugt102.html

Zum anderen gab es die Talkshow „Markus Lanz“, wo Sarah Pienkoss ihre Geschichte noch einmal erzählt.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2332044/Markus-Lanz-vom-19.-Februar-2015#/beitrag/video/2332044/Markus-Lanz-vom-19.-Februar-2015 (ab. ca. 52 Min.)

Beide Beiträge geben den Frauen Zeit, ihre persönlichen Geschichten ausführlich zu erzählen und sie tun es eloquent und reflektiert. Die Berichte sind emotional berührend und es werden verschiedene, auch starke Gefühle sichtbar. Anders als in vielen anderen Medienberichten, in denen das „Recht auf Kenntnis der Abstammung“ ja zuweilen sehr abstrakt bleibt, wird hier das persönliche Erleben plastisch berichtet, die Beziehung zu den Eltern, insbesondere zum DI-Vater, kriegt beides Mal Raum. Die Reproduktionsmediziner und deren Position erscheinen im ersten Beitrag rückständig und einer lässt sich nur ausgepixelt filmen. Im zweiten Beitrag wird der Umdenkungsprozess deutlich, von der Geheimhaltung damals zur Aufklärungsempfehlung heute.

Uns DI-Familien mit jüngeren Kindern wird klar, dass es recht verschiedene DI-Generationen sein müssen, die heute über die Samenspende sprechen. Auf der einen Seite die Kinder der ersten DI- Generation, die nicht oder spät aufgeklärt wurden, Eltern, die eher verdruckst mit der Samenspende umgingen und für heutige Eltern nicht zur Identifikation einladen; sie bleiben entweder zu schemenhaft oder wirken schuldbeladen. Mit Reproduktionsmedizinern, die zur Geheimhaltung rieten und gegen die man heute mit Gerichtsprozessen angehen muss, um dann von ihnen immer noch keine Informationen zum Spender zu erhalten.

Auf der anderen Seite Familien wie im DI-Netz: die heutige Generation der Eltern scheint uns schon viel selbstbewusster und offener mit der Samenspende umzugehen. Die Kinder wachsen selbstverständlicher mit dem Wissen um die Samenspende auf. Die Reproduktionsmediziner zeigen sich aufgeschlossener und machen Zugeständnisse zur Datenherausgabe.
– Weht bereits ein anderer Wind?

Besuch aus Japan

Yukari Semba auf Forschungsreise

besuch-aus-japanAm Wochenende hatten wir Besuch aus Japan.  Dr. Yukari Semba ist eine Forscherin, die sich schon seit vielen Jahren mit der Gametenspende befasst. Wir trafen sie bereits im letzten Jahr bei einer Podiumsdiskussion des CERF in Freiburg.

Jetzt hat sie einen Forschungsauftrag der japanischen Regierung erhalten, bei dem es vor allem um das Recht der Kindes auf Kenntnis der Abstammung geht.

Yukari hat zunächst in Berlin eine weitere Familie aus dem DI-Netz interviewt und auch jemanden aus dem Verein „Spenderkinder“. Dann besuchte sie uns am Sonntag in unserem Zuhause in Bielefeld, später dann noch Petra Thorn in Mörfelden.

Sie wollte mehr über unser Netzwerk wissen, wie wir organisiert sind und wie wir unseren Verein aufgebaut haben. Sie fragte nach unserer Haltung zur Spenderanonymität und wie wir mit der Tatsache der Spendersamenbehandlung in der Familie umgehen. Wir erzählen immer gern davon und darüber, was unser Netzwerk bisher alles geschafft hat. Es war für uns ein herzlicher Kontakt mit Yukari, und wir haben auch einiges über die Situation in Japan gelernt. Ein ziemlich kurzweiliger Sonntag für unsere ganze Familie.
Wir freuen uns schon auf den Forschungsbericht für die japanische Regierung, er soll Anfang April fertig sein.

Claudia Brügge und Ulrich Simon

Hier noch ein paar Zeilen von Yukari selbst, an das DI-Netz:

„In Japan there is no law and legislation regarding donor conception yet. The political working group is now preparing for the draft of a donor conception bill. In the draft donor anonymity is one of the big issues. Many people recently say that donor offspring should have a right to know their biological origin. That is the reason why we are required to research about other countries‘ situation about the issue. We need to know about the situation regarding donor anonymity in other countries.

DI-Netz is a nationwide organization in Germany, supporting DI families and persons who are considering DI. It encourages those people to tell the truth to their children about their conception.  I think your work is very important and contributing to the movement for the abolishment of donor anonymity in Germany. I spent a few hours with Claudia and Ulrich, and I could learn a lot of DI-Netz‘ history, works and contribution. The dialogue with Claudia and Ulrich was very helpful to think about the issues regarding donor anonymity in Japan.
 
After the meeting they invited me for lunch. They have one daughter, who was born by DI, and they told her about her conception right from the beginning. During the lunch her talks and smile made all of us happy and made my heart warm. I thought that they and their daughter were made in heaven before they actually met each other. „

Das Donor Sibling Registry (USA)

Im Jahr 2000 haben Wendy Kramer und ihr Sohn Ryan in den USA das „Donor Sibling Registry“ gegründet. Das DSR ist eine Organisation, die Familien nach Gametenspende vielfältig unterstützt. Vor allem hilft es mittels einer Datenbank denjenigen Kindern, die ihre genetischen Halbgeschwister oder ihren Spender finden möchten. Der Kontakt entsteht über die Internetplattform www. donorsiblingregistry.com.

ryanwendysibs2014

Wendy, Ryan und seine genetischen Halbgeschwister.

Wendy Kramer ist Ehrenmitglied im deutschen DI-Netz, und sie ist uns seit Gründung unseres Vereins eine wichtige Unterstützung. Das DSR steht für einen offenen und entspannten Umgang mit der Samenspende. Unsere Familien sind nicht bedroht, wenn Kinder mehr über den Spender wissen wollen und ihre Neugier stillen. Es muss kein Drama sein, sondern kann im Gegenteil eine Bereicherung für alle Seiten sein, wenn Kinder auf genetische Halbgeschwister oder Spender treffen.  Gerade in diesen Tagen – nach dem spektakulären Urteil des Bundesgerichtshofs – tut es gut, dass uns Wendy Kramer mit ihrem Netzwerk des DSR daran erinnert.

Deswegen freuen wir uns, dass in der aktuellen Printausgabe des SPIEGEL (8/2015; S. 114-117) ausführlich über das „Donor Sibling Registry “  berichtet wird. Die Journalistin Kullmann hat Wendy Kramer in den USA besucht und schreibt darüber in einem vierseitigen Artikel unter dem Titel „Die genetische Sehnsucht“.

Hinweis auf Spiegel-Online:
https://magazin.spiegel.de/digital/index_SP.html#SP/2015/8/131812837
https://magazin.spiegel.de/digital/?utm_source=spon&utm_campaign=inhaltsverzeichnis#SP/2015/8/131812917

Interessenten aus dem In- und Ausland können sich in der Datenbank des „Donor Sibling Registry“ gegen eine Jahresgebühr von 75$ registrieren. Sie geben alles, was sie über den Spender wissen, in eine Suchmaske ein und warten dann auf Rückmeldungen zu Überschneidungen mit anderen Mitgliedern. Die Registrierung kann auch auf anonymer Basis erfolgen. Bis heute haben sich 45.000 Menschen im DSR angemeldet, darunter sind 2200 Spender. Nicht nur aus den USA sondern auch aus vielen anderen Ländern der Welt. Bisher hat es insgesamt ca. 12.000 „Treffer“ gegeben, so Wendy Kramer.

Im DSR sind aus Deutschland derzeit 90 Mitglieder registriert, davon haben rund 50 Halbgeschwister gefunden und 10 ihren Spender.

Die deutschsprachige Broschüre zum Donor Sibling Registry findet sich unter dem Link:
https://www.donorsiblingregistry.com/sites/default/files/files/DSR%20Brochure_GERMAN%202015_WEB%281%29.pdf

Wer darüber hinaus noch mehr über das Donor Sibling Registry erfahren möchte, dem empfehlen wir die Lektüre der folgenden englischsprachigen Literatur:

  • https://www.donorsiblingregistry.com/sites/default/files/files/Law%20School%20Powerpoint%20FINAL.pdf
  • Kramer, Wendy, Cahn, Naomi (2013) Finding our family. A-first-of its-kind-book for donor conceived people and their families.
  • Cahn, Naomi (2013) The new kinship. Constructing donor-conceived families

Kommentar zum BGH-Urteil, Teil 4

Vom Bundesgerichtshof überholt – ein Kommentar zum BGH-Urteil

von Claudia Brügge, stellv. Vorsitzende DI-Netz e.V.

Aus Sicht von DI Netz e.V. ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.1.2015 sehr zu begrüßen. Dabei gingen die Karlsruher Richter mit ihrer Entscheidung zum Mindestalter des Auskunftsrechts deutlich weiter, als viele von uns erwartet hätten.

Das BGH-Urteil

Der Bundesgerichtshof hatte zu klären, ob zwei minderjährigen Kindern, die mittels einer Samenspende gezeugt wurden, tatsächlich erst ab 16 Jahren ein Auskunftsanspruch auf die Identität des Samenspenders zugestanden werden kann, so wie es das Landgericht Hannover eingeschätzt hatte. Die Aufgabe der Revision war es, die Entscheidung des Landgerichts auf mögliche Rechtsfehler zu prüfen. Der BGH hob jetzt die vorangegangene Entscheidung auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück an die Vorinstanz. Das Landgericht soll nun eingehender als bisher abwägen, wie die rechtlichen Interessen aller Beteiligten – das heißt die Interessen der Kinder und ihrer Eltern, des Spenders und der Klinik – zu gewichten sind.

Eine umfassende, auf den konkreten Einzelfall bezogene Interessenabwägung der Richter ist ein nötiger Schritt in diesem Rechtsverfahren. Diese Interessenabwägung ist keine Aufgabe, die den Kindern oder den Reproduktionsmedizinern aufgetragen ist – so wie dies in der Interpretation manchmal missverstanden wurde. Sie ist Sache der Zivilgerichtsbarkeit.

Zur Rolle des Bundesgerichtshofs

Somit ist der konkrete Rechtsstreit zwischen Kinderwunschzentrum und den beiden Kindern noch nicht abschließend entschieden. Auch hat der BGH kein neues Gesetz geschrieben. Der BGH kam mit dem Grundsatzurteil seiner Aufgabe der „richterlichen Rechtsfortbildung“ nach, indem er das generelle Auskunftsrecht von Abkömmlingen aus Samenspende bestätigte und die besonders hohe Priorität des Persönlichkeitsrechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung bei der Interessenabwägung unterstrich.

Weiterhin ging der Senat davon aus, dass für den Auskunftsanspruch kein Mindestalter erforderlich ist und somit von Geburt an besteht. Mit dieser großzügigen Auslegung hatte das DI-Netz dann doch nicht gerechnet.

Die künftigen Rechtsprechungen der unteren Instanzen werden nun mit hoher Wahrscheinlichkeit dieser Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs folgen. Das Urteil wird die allgemeine Rechtspraxis in Deutschland verändern.

Eines wurde für uns ganz deutlich: Die Art der Verhandlungsführung des Senats und die bundesweite Resonanz auf das Urteil zeigen, dass die Spendersamenbehandlung im modernen Familienrecht kein Schmuddelimage mehr hat. Sie wird pragmatisch, nüchtern und ziemlich selbstverständlich als ein Weg der Familiengründung akzeptiert, den wir nicht weiter zu rechtfertigen haben.

Umso deutlicher zeigt sich jetzt die Notwendigkeit, die Spendersamenbehandlung ein für alle mal rechtsverbindlich zu regeln.

Mehr Rechtssicherheit: der Gesetzgeber muss handeln

Mit dem höchstrichterlichen Urteilsspruch ist noch nicht alles geklärt. Es besteht auch nach dem BGH-Urteil gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Darüber sind sich alle Interessenvertreter im Bereich der Spendersamenbehandlung – erwachsene Kinder, Eltern, Ärzte und Berater – einig. In der deutschen Rechtsordnung fehlt ein ausreichender Schutz für den Samenspender, und diese Rechtsunsicherheit ist international einzigartig. Es braucht zügig eine gesetzliche Freistellung des Samenspenders von möglichen Unterhaltspflichten, damit alle Beteiligten ihre vorgesehenen Rollen unbelastet einnehmen können statt füreinander eine potentielle Bedrohung darzustellen.

Will man die Unruhe im Feld wirklich verhindern und Worst-Case-Szenarien verhindern, dann muss der Gesetzgeber dringend handeln, um das Risiko auszuschließen, dass der Samenspender zum rechtlichen Vater gemacht werden kann. Dies ist zwar in der deutschen Geschichte faktisch noch nicht vorgekommen. Doch die Anfechtbarkeit der rechtlichen Vaterschaft durch das Kind müsste vom Gesetzgeber jetzt kritisch geprüft werden.

Darüber hinaus sollte eine zentrale, unabhängige Dokumentationsstelle eingerichtet werden, um dem Kind die Ermittlung seiner Herkunft und den Zugang zur Dokumentation zu erleichtern. Ein solches nationales Spenderregister sollte aus unserer Sicht am besten an das Bundesgesundheitsministerium angegliedert sein.

Die Entdeckung des Elternrechts

DI-Netz begrüßt das Urteil aus Karlsruhe, weil es hinsichtlich der Samenspende Klärungsprozesse sowohl auf gesellschaftlicher Ebene (politisch, rechtlich) als auch persönlich und innerfamiliär vorantreibt. – Der BGH hat nicht nur die Rechte der minderjährigen Kinder gestärkt. Er betont auch das Elternrecht, wie es in Artikel 6 des Grundgesetzes verankert ist. Die Wahrung der Kinderrechte wird im Elternrecht den Eltern zugewiesen: Wir Eltern haben als rechtliche Vertreter unserer minderjährigen Kinder für ihr Wohl zu sorgen – nun auch in den Belangen, die die Informationen zum Samenspender betreffen.

Das Urteil wirft nicht nur jede Menge Fragen zur sinnvollen Regulierung der Donogenen Insemination auf. Mit dem Urteil kommen auch auf uns DI-Eltern neue Fragen und Herausforderungen zu, die mit den zugewiesenen Handlungsspielräumen einhergehen. Elternverantwortung beinhaltet unser Grundrecht und unsere Grundpflicht, für die Belange unserer minderjährigen Kinder einzutreten. Der BGH jedenfalls traut uns zu, innerhalb unserer Familien verantwortungsvoll zu entscheiden, ob und wann das Kind die Identität des Samenspenders erfahren soll.

Fragen und Entscheidungen auf Elternseite

Wenn wir Eltern, wie es das Urteil nahe legt, jetzt viel früher selbst die Identität des Spenders erfahren können, müssen wir eine Haltung aufbauen, wie wir mit diesem größeren Kompetenzbereich im besten Sinne unserer Kinder umgehen wollen. Das kann für uns Eltern auch Anstrengung bedeuten. Eltern haben sich jetzt nicht mehr nur die Frage zu beantworten, ob sie das Kind über die Tatsache der Spendersamenbehandlung aufklären werden. Sie müssen sich auch Gedanken darüber machen, ob und ab wann ihr Kind mit ihrer Hilfe Kenntnis von der Identität des Spenders erlangen soll. Nimmt man das Urteil aus Karlsruhe ernst, werden Eltern jetzt je eigene Antworten auf eine Fülle von Fragen finden müssen:

  • Braucht unser Kind mehr Information über den Spender oder eben gerade nicht?
  • Sollte es etwas über den Spender wissen, wenn es etwas über ihn in Erfahrung bringen kann?
  • Was genau wäre mit der Kenntnis des Namens des Spenders für unser Kind gewonnen?
  • Sollte man die Auskunft über den Spender besser jetzt einfordern oder später?
  • Ist es für unser Kind besser, die Daten zuhause abzuheften oder sollten wir sie besser weiterhin dem Aktenschrank des Arztes anvertrauen? Oder wollen wir auf ein staatliches Spenderregister warten?
  • Und letztlich stellt sich auch hier die typische Gewissensfrage von Eltern: Werden wir auch in der Rückschau zufrieden sein mit der jeweiligen Richtung unserer individuellen Entscheidungen? Dies betrifft beispielsweise die Aufklärung des Kindes, die Berücksichtigung des Kindeswillens, die Datenhinterlegung, die Auskunftsanfrage beim Arzt, die eigene Prozessfreudigkeit. Werden wir unsere Entscheidung später unserem Kind gegenüber verantworten können?

Mit der BGH-Entscheidung entsteht also vermehrt persönlicher Reflexionsbedarf in den Familien, was vermutlich auch mehr Unterstützungs- und Beratungsbedarf mit sich bringen wird.

Zwei Gruppen von Eltern werden durch das BGH-Urteil in jedem Fall anders erreicht als bisher: Eltern, die bisher nicht bereit waren, ihrem Kind von der Samenspende zu erzählen, weil sie ihm dann keinerlei weitere Informationen über den Spender geben könnten. Bei ihnen dürfte das BGH-Urteil die Bereitschaft zur Aufklärung erhöhen. Ebenso werden solche Paare gewissermaßen von der Straße in die Kinderwunschzentren geholt, die bisher auf die juristisch prekäre Lösung einer privaten Samenspende zurückgegriffen haben, um für das Kind zu gewährleisten, dass ihm Informationen über den Spender zur Verfügung stehen.

Bedenken

Die Hervorhebung des Elternrechts wird manchen Skeptikern nicht gefallen. Vielleicht, weil manch einer uns Eltern ohnehin nicht ganz für die rechtmäßigen Eltern hält. Vielleicht auch, weil man Eltern nicht die Kompetenz zutraut, solche Dinge gut und richtig für ihr Kind zu entscheiden. Oder aber, weil man es prinzipiell nicht gern sieht, dass die Personalien des Spenders in die Hände von Eltern gelangen. Schon gar nicht so frühzeitig und bevor das Kind selbst von der Samenspende weiß und sie begreifen kann.

Auch manche Eltern werden sich mit den Konsequenzen des Urteils schwer tun. Je mehr Anonymität bisher von außen vorgegeben war, umso weniger brauchten Eltern sich der eigenen Ambivalenz gegenüber der Person des Spenders zu stellen. Solange sie davon ausgehen mussten, dass ihr Kind die Informationen über den Spender nicht einfach bekommen kann (als Erwachsene kaum und schon mal gar nicht im Kindesalter), solange konnten sie der Frage ausweichen, inwiefern ihr Kind Kenntnis von der Identität des Spenders für seine Entwicklung braucht.

Die Maxime von DI-Netz e.V.: Elterngeleitet und kindzentriert

Wir Eltern im DI-Netz sprechen mit unseren Kindern offen über die Tatsache der Spendersamenbehandlung. Aber Hand aufs Herz: Eltern selbst äußern selten brennende Neugier auf die Person hinter der Samenspende. Viele Eltern erleben es so, dass der Spender – bei aller Offenheit – im Familienalltag lange Zeit keine Rolle spielt und zu spielen braucht. Wir nehmen allerdings unsere Elternverantwortung sehr ernst. Wenn es also um die Wahrung der Rechte und Bedürfnisse unserer Kinder geht, setzen wir uns nachdrücklich dafür ein, dass unsere Kinder Zugriffsmöglichkeiten auf Informationen über ihre Herkunft bekommen, das heißt über den Spender. Es wäre beruhigend zu wissen, dass unsere Kinder jederzeit – identifizierende wie nicht-identifizierende – Informationen über den Spender bekommen können, falls wir den Eindruck gewinnen, dass sie das brauchen.

Bestätigendes Urteil des Bundesgerichtshof: Eltern dürfen für ihre minderjährigen Kinder Auskunft fordern

Karlsruhe_Erbgroßherzogliches_Palais

Foto: Thomas Steg

Gestern verhandelte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ab welchem Alter und unter welchen Bedingungen Eltern als Vertreter ihrer Kinder Auskunft über die Identität des Spenders verlangen können.
Die klagenden Eltern waren erfolgreich: das Gericht bestätigte, dass ihnen dies zum Zweck der Information für das Kind möglich ist, und zwar ohne Altersbegrenzung nach unten

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes

Die Entscheidung des konkreten Falles wurde an das Landgericht zurückgegeben. Wir gratulieren und danken den prozessierenden Eltern, die das Verfahren für ihre Kinder bis vor den Bundesgerichtshof gebracht haben. Wir feiern mit ihnen …

Die Vorsitzende von DI-Netz e.V. Claudia Brügge war als Prozeßbeobachterin vor Ort …

Neue Publikationen im FamART-Verlag

Petra Thorn betreibt den Verlag FamART, wo gerade der neue Verlagskatalog für 2015 herausgekommen ist. DI-Netz ist in dem Verlagskatalog – auf den Seiten 8 bis 13 – mit interessanten Publikationen prominent vertreten.

a) Die Reihe „Offen gesprochen (im Englischen: „Telling andTalking“).  Die Autorin von „Offen gesprochen – über die Familienbildung mit Spendersamen reden.“  ist unser Ehrenmitglied Olivia Montuschi vom Donor Conception Network in London. Die 7 Bände von „Telling and Talking“ werden von Mitgliedern des deutschen DI-Netzes übersetzt .

Erschienen ist bereits Band 1 „Offen gesprochen“ (für 0-7 Jahre).

Im Jahr 2015 werden nun zwei weitere Bände folgen: Band 2 „Offen gesprochen“ (8-11 Jahre) und Band 6 „Offen gesprochen“ (Sprechen mit Freunden und Verwandten)

b) Außerdem ist bei FamART in Kooperation mit dem DI-Netz das Kinderbuch „Das Geheimnis des ehrenwerten Hauses – eine etwas andere Detektivgeschichte.“ von Stefan Remigius erschienen.

c) Ebenso die Dokumentation der Erlanger Tagung „Spendersamenbehandlung in Deutschland – Alles was Recht ist?!“. Darin der Beitrag von Ulrich Simon und Claudia Brügge aus dem DI-Netz mit dem Titel: „Mit Spendersamen zum eigenen Kind – aus Elternperspektive.“ (S. 37 – 48)

PDF: FamART Katalog 2015
PDF: Bestellschein Erlanger Dokumentation

Leserbrief zum ZEIT-Artikel: „Bist Du mein Vater?“

In der Ausgabe Nr 46 der ZEIT vom 6.11.14 gibt es einen Artikel mit dem Titel „Bist Du mein Vater?“. Es geht darin um die Begegnung zwischen einem jungen Mann, der mit Spendersamen gezeugt worden ist, und dem Samenpender, und zwar nachdem sie sich über eine DNA-Datenbank gefunden haben.
DI-Netz hat dazu ein paar Emails von seinen Mitgliedern bekommen und die Resonanz in einem Leserbrief an die ZEIT zusammengefasst.

Leserbrief von DI-Netz zum ZEIT-Artikel

Das Geheimnis des ehrenwerten Hauses – Eine etwas andere Detektivgeschichte

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Das Geheimnis des ehrenwerten Hauses – Eine etwas andere Detektivgeschichte
Stefan Remigius

Hier gibt es eine Leseprobe

Taschenbuch, 168 Seiten
Ab 8 Jahre
In Kooperation mit DI-Netz e.V.
ISBN 978-3-9811-4108-5
15.00 EUR

Bestellungen bei FAMart:
FAMart Verlag – Dr. Petra Thorn
Langener Str. 37
64546 Mörfelden / Deutschland
Tel +49 (0) 6105 – 22629 / Fax +49 (0) 6105 – 22629
www.famart.de / info@famart.de

Bestellung auch im stationären Buchhandel möglich – nicht aber im Internet-Buchhandel.