Sollte das Kind ein Recht haben, die Vaterschaft des DI-Vaters anzufechten?

DI-Netz e.V. tritt dafür ein, dass Menschen, die durch Samenspende entstanden sind, nicht per se ein Recht haben sollten, die Vaterschaft ihres (sozialen) Vaters anzufechten. Wir folgen dem Reformentwurf des Abstammungsrechts, der nur sehr begrenzte Ausnahmesituationen zulässt. Darüber hinaus können wir uns keinen Grund vorstellen.

Die Anfechtbarkeit der Vaterschaft bei einer medizinisch assistierten Samenspende ist uns aus keinem anderen Land der Welt bekannt. Auch nicht, dass dann im zweiten Schritt der Samenspender zum juristischen Vater gemacht werden kann – so wie dies in Deutschland bis Ende 2018 der Fall war.

Der Spender hat unter der Voraussetzung gespendet, dass er gerade keine Vaterplichten übernehmen will bzw. muss und ein so gezeugtes Kind entsteht somit immer auch nur unter genau dieser Bedingung. Es wäre unfair gegenüber dem Spender, ihn nun dazu zu zwingen, diese Pflichten doch zu übernehmen. Zudem kann ein Recht des Kindes, den Spender in diese Position zu zwingen, ein Kennenlernen ggf. verhindern. Der Spender wäre wohl seltener dazu bereit, eine soziale Beziehung einzugehen. Insofern ist die Absicherung des Spenders gegen überzogene Forderungen des Kindes auch eine unabdingbare Voraussetzung zur Sicherung des Rechtes des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung.

Auch weisen wir darauf hin, dass alle anderen Kinder – selbst adoptierte Kinder gegenüber ihren Adoptivvätern  –  nicht das Recht haben, ihren Vater juristisch abzuwählen – egal, in welche Verhältnisse sie hineingeboren wurden und mit welchen Verhältnissen sie dadurch klarkommen müssen. Das mittels Samenspende gezeugte Kind wäre gegenüber anderen Menschen bessergestellt, wenn es zwischen zwei Vätern nach Belieben wählen oder einen abwählen könnte. Wenn es das Recht bekäme, die primäre Vaterschaft anzufechten, dann sollten auch alle anderen Menschen dieses Recht haben, die mit ihrem Vater nicht einverstanden sind.

Für den seltenen Fall, dass sich das erwachsene Kind und der Spender einig darüber sind, dass sie ein rechtliches Vater-Kind-Verhältnis eingehen wollen, gibt es bereits heute die Möglichkeit der Erwachsenenadoption.

Die Vaterschaft des sozialen Vaters nach donogener Insemination  ist eine Verpflichtung auf Lebenszeit, wie jede andere Vaterschaft auch. Eine Anfechtung nur aufgrund dessen, dass es keine genetische Verbindung gibt, halten wir nicht für gerechtfertigt. Das wäre reiner Biologismus. Damit würde die Vaterschaft unter Vorbehalt gestellt, nämlich unter den, dass das Kind sich später bei einer Wahl zwischen dem sozialen und dem biologischen Vater für den sozialen Vater entscheidet. In der Öffentlichkeit könnte dadurch ein Bild von einer brüchigen Familienkonstellation erweckt werden.

Hinter unserer Forderung steht keine Absicht, unseren Kindern Rechte zu beschneiden, sondern sie ist darauf gerichtet, unseren Kindern so viele umsetzbare Rechte wie möglich zu geben. Wir gehen davon aus, dass Väter, die durch Aufrichtigkeit ein gutes Verhältnis zu ihren Kindern aufgebaut haben, nicht Gefahr laufen, dass ihr Kind ihre Vaterschaft anfechten wird. Insofern haben wir es nicht nötig, Rechte der Väter vor dem Kind „vehement“ zu verteidigen, wie es uns gelegentlich gern unterstellt wird.

B.T.

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