Sind wir mit unserer Familienform vollständig anerkannt? Oder müssen wir mit Benachteiligungen rechnen?

Wir Familien im DI-Netz haben – genau wie Familien in unseren internationalen Partnerorganisationen  – erfahren, dass unsere direkten Mitmenschen positiv oder neutral reagieren, wenn wir von unserer besonderen Familiengeschichte erzählen. Oft reagiert das Umfeld wesentlich entspannter als dies von Wunscheltern im Vorfeld befürchtet wird.

Stigmatisierend hingegen sind diverse Medienberichte und einige Bücher. Manchmal sind es nur einzelne verwendete Begriffe („Eugenik“/ „Machbarkeitsideologie“/ „Designerbaby“/ „Autonomierhetorik“), manchmal aber auch Wortgruppen („Kind auf Bestellung“/ „Kind als Objekt“/ „Gespaltene Elternschaft“/ „egoistischer Kinderwunsch“/ „Künstliche Fortpflanzung“) oder ganze Texte. Auch Aussagen bei Diskussionen im Internet zeigen immer wieder, dass einige unserer Mitbürger unsere Familienform nicht anerkennen. Solche Menschen kennen uns selten persönlich, bilden sich aber trotzdem eine laienhafte Meinung darüber, wie es uns Familien und besonders unseren Kindern angeblich geht.

Auch der Staat akzeptiert unserer Familienform noch nicht hinreichend, was sich in der Ungleichbehandlung gegenüber anderen Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch ausdrückt, die z.B. im Gegensatz zu uns eine Kostenübernahme ihrer reproduktionsmedizinischen Behandlungen erhalten.

Man sollte das Problem der Stigmatisierung der Samenspende nicht einfach leugnen oder verharmlosen. Stigmatisierungsängste bei Eltern und Kindern sind keineswegs generell unbegründet. Mit der Offenbarung der Samenspende wird Kontrolle über diese Information abgegeben. Daraus erwächst Macht zur sozialen Anerkennung oder aber Ächtung beim Gegenüber. Unsere Familien haben nicht wirklich in der Hand, wie der Andere die Samenspende beurteilen wird. Auch lassen sich soziale Urteile, die nicht direkt geäußert werden, für Betroffene nur schwer einschätzen. Gleichwohl muss ein Umgang damit gefunden werden. Eine Diskreditierung der Nutzung einer Samenspende wird nicht zwingend offen und ehrlich geäußert. Zu den subtileren Formen der Stigmatisierung zählen das „Reden hinter vorgehaltener Hand“, das „Othering“ (= Übertriebene Darstellungen unserer Familien als „ganz anders“ und „unnormal“) bis hin zu der stillschweigenden Annahme, dass Familien, die auf herkömmlichen Weg entstanden sind, unseren Familien selbstredend überlegen seien.  

Familien nach Samenspende reagieren auf die wahrgenommene Stigmatisierung. Früher versuchten Eltern, über die Samenspende gar nicht erst zu sprechen, heute betreiben Familien andere Arten des Stigma-Managements. So wird die donogene Zeugungsgeschichte meistens nur einem kleinen, ausgesuchten Kreis von Vertrauten offenbart, oft nur Stück für Stück.

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