Viele Eltern, deren Kinder durch Samenspende entstanden sind, entscheiden sich, ihre Kinder frühzeitig über ihre Entstehungsgeschichte aufzuklären – oft schon ab dem Kleinkindalter, spätestens im Kindergarten. Eine liebevolle und altersgerechte Aufklärung stärkt das Vertrauen, die Zugehörigkeit und das Selbstverständnis des Kindes.
Eine große Unterstützung dabei sind Aufklärungsbücher, die auf die besondere Familiensituation eingehen. Sie helfen Eltern, Worte für Themen zu finden, die zunächst schwer erklärbar erscheinen. Besonders praktisch: Viele dieser Bücher lassen sich personalisieren, etwa indem Fotos des eigenen Kindes oder der Familie eingeklebt werden. So entsteht eine vertraute und emotionale Verbindung zur Geschichte.
Unterschiedliche Wege zum passenden Buch
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Aufklärungsbüchern in verschiedenen Sprachen und Varianten. Eltern haben mehrere Möglichkeiten:
1. Ein eigenes Buch gestalten
Einige Eltern entscheiden sich, selbst ein Buch zu erstellen – mit persönlichen Fotos und ihrer ganz eigenen Geschichte. Da die meisten Aufklärungsbücher einem ähnlichen Aufbau folgen, ist das gut machbar. Kreative Eltern basteln ein individuelles Fotobuch oder gestalten es sogar selbst mit eigenen Zeichnungen.
In Zeiten künstlicher Intelligenz könnte man sich die Illustrationen auch nach individuellen Wünschen von etwa ChatGPT erstellen lassen. Dafür braucht man etwas Geduld und geschickte Prompts. Von Haarfarben und Kleidungsstil über Hintergrund bis hin zum Text und Zeichenstil, lässt sich hier vieles beeinflussen. – So entsteht ein einzigartiges Erinnerungsstück, das ganz auf das eigene Kind zugeschnitten ist. (- Wer will, kann uns gerne eine Kopie oder Video seines Werkes schicken….)
2. „Die Geschichte unserer Familie“ (FamART Verlag)
Viele Familien im DI-Netz greifen auf dieses Buch zurück. Es wurde speziell für Familien nach Samenspende entwickelt und kann beim FamART Verlag von Petra Thorn oder über Amazon bestellt werden (Preis: 22 €). Das Buch begleitet Kinder einfühlsam dabei, ihre Entstehung zu verstehen, und betont die Liebe und den Wunsch, der hinter ihrer Geburt steht.
3. Die Bücher „Our Story“ des Donor Conception Network (DCN, Großbritannien)
Besonders beliebt ist auch die englischsprachige Buchreihe unseres Partnernetzwerks Donor Conception Network (DCN). Die hochwertig gestalteten Bücher „Our Story – How we became a family“ sind sensibel geschrieben und decken ganze 44 verschiedene Familienkonstellationen ab. Im Bereich Samenspende gibt es Buchexemplare zu Familien von heterosexuellen Paaren über Frauenpaare und Solo-Müttern bis hin zu Familien mit bekannten oder unbekannten (Samenbank-)Spendern bzw. Familien mit Einlingen oder Zwillingen.
Die jeweiligen Bücher sind direkt über das DCN (12,50 £) oder im Buchhandel (z. B. über Amazon, ca. 13,50 -17,30€) erhältlich. Wer lieber ein deutsches Exemplar möchte, kann beim Vorlesen frei übersetzen oder die englische Schriftseite mit einer eigenen deutschen Übersetzung überkleben – so lässt sich das Buch problemlos im Familienalltag nutzen. Vielleicht wird das DCN auch bald eine deutsche Version herausgeben, so dass es dann bequem auf Deutsch zu kaufen ist.
4. Selbstgebastelte Pixi-Bücher
Eine besonders kreative Idee sind selbstgemachte Pixi-Aufklärungsbücher: Manche Eltern haben für den privaten Gebrauch kleine Geschichten zusammengebastelt, in denen bekannte Kinderbuchfiguren – wie etwa „Conni“, „Bobo Siebenschläfer“ oder „Benjamin Blümchen“ – ebenfalls mithilfe einer Samenspende entstanden sind. Die Begeisterung der Kinder dürfte groß sein, wenn sie entdecken: „Wow – Conni ist auch durch eine Samenspende entstanden, genau wie ich!“ Natürlich dürfen bestehende Kinderbücher aus urheberrechtlichen Gründen nicht einfach kopiert oder verändert werden, solche Eigenkreationen für den persönlichen Hausgebrauch zeigen allerdings, wie wichtig Identifikationsfiguren für Kinder sind.
Wie sehen Aufklärungsbücher aus?
Die Gestaltung der Bücher ist sehr unterschiedlich – manche sind farbenfroh und lebendig, andere in zarten Pastelltönen gehalten. Altersgerechte Darstellungen stehen dabei im Vordergrund: Sexuelle Szenen, der Spender im Samengewinnungsraum oder wie er für die Samenspende vom Samenbankbetreiber Geld bekommt werden nicht gezeigt.
Oft wird der Spender als „freundlicher Mann“ beschrieben – eine vereinfachte, aber für kleine Kinder geeignete Darstellung, die eine positive Vorstellung (psychoanalytisch: „positive Objektrepräsentanz bedeutender Anderer“) fördert. Auch die Schwangerschaft der Mutter wird meist liebevoll und ausführlich geschildert, oft mit humorvollen Vergleichen („Das Baby war erst so klein wie eine Erbse, später wie eine Weintraube…“).
Einige Bücher betonen zudem Vielfalt, indem sie Familien mit unterschiedlicher Hautfarbe oder Familienformen abbilden. Der Fokus liegt immer auf Liebe, Zugehörigkeit und Stolz – die Kinder erleben sich eingebettet in ein herzliches soziales Umfeld.
Typischer Aufbau eines Aufklärungsbuchs
Bei heterosexuellen Paaren folgt die Erzählung oft einer ähnlichen Erzählstruktur:
- Das bist du – Foto des Kindes
- Mama und Papa lernten sich kennen und verliebten sich, sie heirateten oder zogen zusammen.
- Sie wünschten sich ein Kind.
- Es klappte nicht, die Eltern waren traurig. (Wie stark die Traurigkeit genannt wird, ist Geschmacksache. Manche ermahnen dazu, das Kind nicht zu sehr mit dem Schmerz der Eltern zu belasten)
- Sie gingen zum Arzt.
- Damit ein Kind entsteht, braucht es eine Eizelle und eine Samenzelle (und einen schönen, warmen Bauch).
- Der Arzt stellt fest: Papas Samen konnte keine Kinder machen.
- Vorschlag Samenspende (Wer die Idee zur Samenspende präsentiert, ist unterschiedlich: Manchmal der Arzt, manchmal kommen die Wunscheltern selbst drauf.)
- Ein freundlicher Mann hat uns seinen Samen geschenkt.
- Mama wurde schwanger mit dir.
- Du kamst auf die Welt – und alle freuten sich riesig! – Foto des Kindes inmitten seines Umfeldes
Dieser einfache, liebevoll gestaltete Erzählverlauf hilft kleinen Kindern, erste Zusammenhänge zu verstehen, ohne sie zu überfordern.
Fazit
Aufklärungsbücher sind für viele Familien ein unverzichtbares Hilfsmittel auf dem Weg zu einer offenen und warmherzigen Kommunikation über die eigene Familiengeschichte. Sie vermitteln Zugehörigkeit, Geborgenheit und Stolz – und zeigen den Kindern: „So, wie du bist, bist du gewollt und geliebt.“
Kommentar zu Vereinfachungen und Grenzen kindgerechter Darstellung
Natürlich stellen alle Aufklärungsbücher eine Vereinfachung komplexer Zusammenhänge dar. Für Erwachsene mögen manche Darstellungen fast verharmlosend wirken – für kleine Kinder sind sie jedoch notwendig, um das Thema emotional und kognitiv fürs Erste begreifbar zu machen. So wird etwa der Spender häufig als „freundlicher Mann“ beschrieben, obwohl Eltern bei einem ihnen unbekannten Samenspender nicht wissen können, wer dieser Mensch ist. Auch die Entstehung selbst wird oft in stark vereinfachten Bildern erzählt, als ginge es rein um das Zusammenfügen von Zutaten – manchmal, wie eine Mutter einmal scherzhaft sagte, nach dem Motto: „Schokolade war aus, da haben wir Vanille genommen.“
Diese kindgerechten Verkürzungen sind bewusst gewählt. Sie entsprechen dem Entwicklungsstand kleiner Kinder, die zunächst nur ein erstes Verständnis dafür entwickeln, „woraus“ sie entstanden sind – nicht jedoch, wie genau die medizinischen oder rechtlichen Abläufe oder wie die kulturellen Bewertungen aussehen. Entscheidend ist dabei die emotionale Botschaft: Das Kind erfährt, dass es gewollt, geliebt und willkommen ist. Die Aufklärungsbücher reduzieren ein komplexes, vielleicht ambivalentes Thema auf einfache, positive Bilder. Diese sind wichtig, um beim Kind ein stabiles, liebevolles Selbstbild und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu fördern – die sachliche Tiefe und die Herausforderungen der Thematik können dann später, in späteren Lebensphasen, differenzierter besprochen werden.

