Forderung an den Gesetzgeber

Stellungnahme von DI-Netz e.V. zur gesetzlichen Lage der
Spendersamenbehandlung

DI-Netz e.V. vertritt Familien, die mit Hilfe einer Spendersamenbehandlung (DI) entstanden
sind, und Menschen, die diesen Weg vielleicht gehen wollen.
Viele Aspekte der Samenspende liegen zwar außerhalb der juristischen Regulierbarkeit. DI-Netz setzt sich jedoch dafür ein, dass die Spendersamenbehandlung in Deutschland gesetzlich besser abgesichert wird. Zusammengefasst lauten unsere rechtlichen Forderungen:

Staatliches Spenderregister
Wir brauchen ein behördliches, nationales Spenderregister, an das jeder
behandelnde Arzt sowie die Samenbank Spenderdaten melden muss und das
Abkömmlingen von Spendern nach allgemeinverbindlich festgelegten Regeln
Auskunft über diese Daten erteilt.

Freistellung des Samenspenders
Wir brauchen die Freistellung des Samenspenders von Unterhalts- und sonstigen Sorgeverpflichtungen.

Höchstzahl der Kinder pro Spender
Wir brauchen eine gesetzliche Festlegung der Höchstzahl von Abkömmlingen eines Samenspenders.

Strafsanktion für die Unterdrückung von Spenderdaten
Wir brauchen Strafsanktionen, falls Abkömmlinge der Spender keinen
Zugriff auf die Spenderdaten erhalten.

Beratungsangebot
Wir brauchen bei Bedarf der Wunscheltern das Angebot von Beratung. Im Rahmen der reproduktionsmedizinischen Behandlung muss auf konkrete Angebote externer an waltlicher und psychosozialer Beratung der Patienten hingewiesen werden. Das Angebot sollte für die Wunscheltern kostenfrei sein.

Finanzierung
Wir brauchen Hilfe zur Finanzierung der Behandlung. Eine Kostenübernahme der heterologen Insemination (d.h. Spendersamenbehandlung) durch die Krankenkassen analog zur homologen Insemination wäre angemessen.

Erläuterung unserer rechtlichen Forderungen:
Der Gesetzgeber sollte einen Rahmenschaffen, der für alle Beteiligten – Eltern, Kinder, Spender, Mediziner – mehr Rechtssicherheit bringt, damit sie nicht in Situationen kommen, in denen sie füreinander eine Bedrohung darstellen. Eine geklärte Rechtslage und damit klare Rollen aller Beteiligten würde bei vielen besorgten DI-Familien und vielen Paaren, die sich für eine Spendersamenbehandlung entscheiden möchten, für Entspannung sorgen.

DI-Netz setzt sich dafür ein, dass Kindern aus Samenspende ihre Herkunft nicht verschwiegen
wird. Wir möchten mit unseren Kindern nicht nur über die Tatsache der DI sprechen, sondern
sie auch darin unterstützen, ihr Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung geltend zu machen.
Und zwar ohne, dass sie dafür Gerichtsprozesse anstrengen müssen.

DI-Netz konzentriert sich auf zwei Hauptziele:
Ziel 1: Klare Rollen heißt: Freistellung der Spender von Unterhalts- und Erbschaftspflichten sowie Sorgerechtsansprüchen. Wir möchten unsere Familien schützen und erwarten geeignete Schutzmaßnahmen von Seiten des Gesetzgebers, der die Rollen der an einer Samenspende Beteiligten festschreiben sollte. Ein Samenspender ist nicht für die Rolle des verantwortlichen Vaters vorgesehen. Er sollte daher qua Gesetz von Sorge- und Unterhaltspflichten ausdrücklich ausgenommen werden. Die Rechtslage in vielen Nachbarländern – England, Österreich, Schweiz, Niederlande – könnte da für Deutschland ein Vorbild sein. Mehr Rechtssicherheit für die Spender scheint uns grundlegend für die Bereitschaft von Männern, Samen für Kinderwunschpaare zu spenden, und des Weiteren dafür, dass DI-Eltern sich wohl und sicher mit ihrer Art der Familiengründung fühlen können. Die Freistellung des Spenders ist auch eine wichtige Voraussetzung für die Bereitschaft des Spenders, Kontaktanfragen der Kinder zuzulassen, die mit seinem Samen gezeugt wurden.

Ziel 2: Recht unserer Kinder auf Kenntnis ihrer Abstammung umsetzbar machen – durch ein Spenderregister. Einen gesetzlichen Anspruch auf Information über die Identität der biologischen Eltern ab dem 16. Lebensjahr haben Menschen, die als Kind adoptiert worden sind. Keinen derartig ausformulierten Anspruch haben bisher Menschen, die durch Samenspende gezeugt worden sind.

Für die Samenspende gibt es seit ein paar Jahren eine geweberechtliche Mindestdokumentationsfrist von 30 Jahren. Sie beruht allerdings auf medizinischen Erwägungen. Sie zielt nicht auf das persönlichkeitsrechtliche Auskunftsbegehren. Ein kleiner Satz gewährleistet lediglich, dass das Geweberecht dem persönlichkeitsrechtlichen Auskunftsanspruch nicht entgegenwirken kann. Aus Sicht von DI-Netz sollten Dokumente zur Identifikation des Samenspenders am besten bis zu 100 Jahre aufbewahrt werden.

Da die Rechtsprechung noch keine Antworten auf die Frage der Verfügbarkeit der Daten gefunden hat, haben Menschen, die mit Hilfe der Spendersamenbehandlung gezeugt wurden,
immer noch fast ausnahmslos Schwierigkeiten, in den Besitz dieser Daten zu gelangen. Der
verfassungsrechtlich abgesicherte Auskunftsanspruch, wie ihn das Bundesverfassungsgericht
und einzelne Zivilgerichte definiert haben, wird in der Praxis nicht als Verpflichtung begriffen
und schafft nicht die notwendigen Bedingungen für seine Durchsetzbarkeit.

Aus Sicht von DI-Netz würde die Einführung eines zentralen, unabhängigen Spenderregisters
am effektivsten die Art von Datensicherung gewährleisten, die wir uns für unsere Kinder wünschen. Es könnte an das Gesundheitsministerium angegliedert sein. Kinder aus Samenspende sollten eine möglichst große Gewähr haben, dass sie ihren Rechtsanspruch auf Kenntnis der Abstammung tatsächlich umsetzen können.

DI-Netz möchte sicher gehen, dass unsere Kinder nicht nur Rechte haben, sondern sie auch
bekommen. In der Vergangenheit ist es bei einem Auskunftsbegehren eines erwachsenen
Kindes leider gehäuft vorgekommen, dass Mediziner angaben, die entsprechenden Daten
nicht mehr zu besitzen. Um für unsere Kinder die Zugriffsmöglichkeit auf die Daten noch weiter abzusichern, fordern wir daher eine Strafbewehrung bei der Zurückhaltung von Spenderdaten.

Datenvernichtung, wie sie in der Vergangenheit üblich war, ist nicht hinnehmbar – Die Politik ist gefordert. In den vergangenen Monaten hat DI-Netz Anstrengungen unternommen, mit der Politik Kontakt aufzunehmen, um den gesetzgeberischen Handlungsbedarf deutlich zu machen. Wir haben eine Petition an den Bundestag geschickt. Wir haben im Sommer 2012 persönlich der Bundeskanzlerin ein Schreiben mit unserer Forderung nach einem Spenderregister überreicht. Wir haben Briefwechsel mit den relevanten Bundesministerien – für Familie, Justiz und Gesundheit. Weiterhin haben wir vor der Bundestagswahl alle Parteien angeschrieben und
Antworten erhalten:

Die Politik bestätigt uns gesetzlichen Regelungsbedarf.
Doch wann wird sie endlich aktiv?